Kinderschutz im Fokus: Politik trifft Praxis an der Hochschule Koblenz

07.07.2025

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Unter dem Titel „Kinderschutz: Politik und Praxis im Dialog“ fand Anfang Juli eine besondere Fachveranstaltung an der Hochschule Koblenz statt.

  •  Plakate aus der Projekwerkstatt zum Thema Kinderschutz, hier verschiedene bunte Plakate

    Kinderschutz im Fokus, Plakate aus der Projekwerkstatt Quelle: HS Koblenz/Funk

  •  Plakate aus der Projekwerkstatt zum Thema Kinderschutz, hier verschiedene bunte Plakate

    Kinderschutz im Fokus, Plakate aus der Projekwerkstatt Quelle: HS Koblenz/Funk

  •  Plakate aus der Projekwerkstatt zum Thema Kinderschutz, hier Kreativraum

    Kinderschutz im Fokus, Plakate aus der Projekwerkstatt Quelle: HS Koblenz/Funk

  •  Plakate aus der Projekwerkstatt zum Thema Kinderschutz, hier Schul AG Mädchenclub

    Kinderschutz im Fokus, Plakate aus der Projekwerkstatt Quelle: HS Koblenz/Funk

  •  Plakate aus der Projekwerkstatt zum Thema Kinderschutz, hier kreativ gegen Schulstress

    Kinderschutz im Fokus, Plakate aus der Projekwerkstatt Quelle: HS Koblenz/Funk

  •  Plakate aus der Projekwerkstatt zum Thema Kinderschutz, hier Vereinskarusel

    Kinderschutz im Fokus, Plakate aus der Projekwerkstatt Quelle: HS Koblenz/Funk

Organisiert wurde sie im Rahmen der Begleitveranstaltungen des Studiengangs Soziale Arbeit (SAP Präsenz, Fachbereich Sozialwissenschaften), bei denen sich Studierende über mehrere Semester praxisnah mit verschiedenen Aspekten Sozialer Arbeit mit Kindern auseinandersetzen. Die Initiative ging aus den projektbasierten Lehrformaten hervor, die das Ziel verfolgen, Theorie, Praxis und politische Perspektiven miteinander zu verknüpfen.
Eröffnet wurde die Veranstaltung durch Prof. Dr. Anette Kniephoff-Knebel, Prodekanin des Fachbereichs Sozialwissenschaften. Prof. Dr. Kathinka Beckmann, die an der Hochschule Koblenz seit vielen Jahren maßgeblich zum Thema Kinderschutz forscht, Studien durchführt und Fachpublikationen veröffentlicht hat, begleitete die Veranstaltung sowohl konzeptionell als auch inhaltlich. Ihr langjähriges Engagement spiegelt sich auch in der Entwicklung hochschulinterner Schutzkonzepte wider.
In ihrer Einführung machte Beckmann die gesellschaftliche Dimension des Themas deutlich: „Jede Woche sterben in Deutschland drei Kinder infolge von Gewalt, und täglich werden 13 Kinder so schwer misshandelt, dass es polizeilich erfasst wird. Die Dunkelziffer liegt dabei laut BKA vermutlich um ein Vielfaches höher.“ Sie betonte: Diese Zahlen seien nicht Ausdruck tragischer Einzelfälle, sondern Folge struktureller Versäumnisse – ein systemisches Problem, das gesamtgesellschaftliche Verantwortung verlange.

Daran anschließend ergänzte Thomas Reißberg: „Um eine Idee vom Dunkelfeld zu bekommen: Allein in NRW hat die Polizei 1 Petabyte an Daten, auf denen Kinder zu sehen sind, gegen die sich Gewalt richtet – auch sexualisierte Gewalt. Die Zahlen aus dem Hellfeld mögen erschreckend wirken, sind aber eher untertrieben.“ Er war als SPD-Referent vom Landtag Nordrhein-Westfalen und langjähriger Mitarbeiter im parlamentarischen Untersuchungsausschuss „Kindesmissbrauch“ zu Gast an der Hochschule. Reißberg ist Vater von fünf Kindern und setzt sich seit vielen Jahren auf politischer Ebene für besseren Kinderschutz ein. 
„Was in der Gesellschaft und Politik als Problem wahrgenommen wird – und was nicht – ist oft eine Frage der Perspektive“, stellte er kritisch fest. In seinem Vortrag hob Reißberg insbesondere die Bedeutung einer klaren Haltung im professionellen Kinderschutz hervor: „Kinderschutz gelingt nicht durch Strukturen allein, sondern durch Menschen, die hinschauen, Haltung zeigen und Verantwortung übernehmen.“
Er berichtete, dass er in seiner Arbeit häufig auf Fachkräfte trifft, die Entscheidungen auf Grundlage der Aktenlage treffen – ohne das Kind jemals gesehen zu haben. 
Reißberg will genau dort ansetzen. Als Lehrbeauftragter an mehreren Hochschulen engagiert er sich dafür, angehende Fachkräfte in ihrer Haltung zu stärken und ihnen Orientierung im politischen und rechtlichen System zu vermitteln. Dabei betonte er: „Gesellschaft und Staat haben eine besondere Verantwortung, sich um diese Kinder zu kümmern. Das ist mein eigener Antrieb.“ Kinderschutz könne nicht nur Aufgabe der Jugendhilfe sein: „Kinderschutz auf die Jugendhilfe abzuschieben wird nicht funktionieren. Alle, die mit Kindern arbeiten, sollten einbezogen werden – ob im Gesundheitswesen, in Kindergärten oder in Schulen.“ Deshalb setzt er auf ein breit angelegtes Bewusstsein in allen Berufsgruppen, die mit Kindern in Kontakt stehen.

Ein besonderes Anliegen war Reißberg die Enttabuisierung des Themas. „Wir sollten damit offen umgehen können und offen sagen, wenn wir Opfer solcher Gewalt geworden sind – ohne negative Rückmeldung befürchten zu müssen.“ Er fügte hinzu: „Ich möchte, dass es normal wird, darüber zu reden – und nicht, dass die Opfer sich schämen, sondern die Täter sich für den Vorfall schämen.“

In der anschließenden Fragerunde diskutierten die Studierenden engagiert mit dem Gast über politische Verantwortlichkeiten, strukturelle Mängel in Jugendämtern und darüber, wie Kinderschutz auch präventiv und nicht nur reaktiv gedacht werden kann. Dabei wurde auch deutlich, dass die Fachwissenschaft in Nordrhein-Westfalen durchaus in politische Entscheidungsprozesse einbezogen wird – etwa über die Kinderschutzkommission NRW, die viermal jährlich tagt und Gutachten erstellt.

Abgerundet wurde der Tag durch eine Galerie studentischer Projektarbeiten der Sozialen Arbeit mit Kindern. Im gemeinsamen Resümee wurde deutlich: Kinderschutz ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die konkrete politische Rahmenbedingungen, klare Haltungen und mutiges Handeln verlangt.