Lebensräume gemeinsam gestalten: Kita-Kongress vom IBEB und Ministerium für Bildung
01.09.2025
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Über 330 Fachkräfte, Verantwortliche und Interessierte aus allen Bereichen der Kindertagesbetreuung diskutierten zentrale Fragen der frühkindlichen Bildung und Betreuung. Sven Teuber, Bildungsminister des Landes Rheinland-Pfalz, eröffnete den Kongress und betonte: „Die Kita spielt als Lebensraum für die Kinder eine herausragende Rolle und verbindet sich gleichzeitig jeden Tag mit den anderen Lebensräumen, die Kinder erleben wie etwa ihr familiäres Umfeld, Freundeskreise oder Wohnorte. Nur wenn die gesamte Bildungsfamilie – Kinder, Familien, Kitas, Träger, Jugendämter und viele weitere – gut zusammenarbeitet, können wir den Kindern gerecht werden und eine gute frühkindliche Förderung bieten. Speziell darum ging es uns am heutigen Tag und ich danke allen für das große Interesse und den lebhaften Austausch über die gemeinsame Verantwortung, das vielfältige Engagement und die Freude an unserer Aufgabe.“
Bedeutung der „Verantwortungsgemeinschaft“
Prof. Dr. Armin Schneider, Direktor des IBEB, ergänzte: „In Kindertageseinrichtungen spiegelt sich die Verantwortungsgemeinschaft. Nur wenn Fachkräfte, Familien, Träger und Politik sich der gemeinsamen Verantwortung stellen, können die Kinder auch in diesem Lebensraum zu selbstbestimmten, eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeiten erzogen werden. Wie gerecht, gebildet und verantwortungsbewusst unsere Gesellschaft in Zukunft sein wird, das entscheidet sich heute in der Kita!“ Prof. Dr. Karl Stoffel, Präsident der Hochschule Koblenz, unterstrich die Rolle der Hochschule: „Als wissenschaftliche Einrichtung sehen wir es als unsere Aufgabe, Impulse für die Weiterentwicklung der Kindertagesbetreuung zu geben. Forschung und Praxis müssen zusammenwirken, damit wir Lebensräume schaffen, in denen Kinder bestmöglich aufwachsen.“
Ein Schwerpunkt des Kongresses lag auf den Kinderperspektiven. „Kinder haben ein Recht darauf, dass ihre Sichtweisen ernst genommen werden“, betonte Prof.‘in Dr. Anette Kniephoff-Knebel, Prodekanin des Fachbereichs Sozialwissenschaften. „Ein guter Lebensraum Kita macht sie zu aktiven Mitgestalterinnen und Mitgestaltern.“
Vielfältige Perspektiven auf Verantwortung und Gestaltung
Im Mittelpunkt des Kongresses standen die Themen:
- Lebensraum Kita – Entwicklungen und Perspektiven
- Bedarfsgerechte Angebote schaffen – Verantwortung der Jugendämter
- Betrieb Kita – Verantwortung und Qualitätsentwicklung
- Interessen vertreten – Verantwortung von FaKiB und Elternvertretung
- Kinderperspektiven – Der Lebensraum Kita
- Lebensräume gestalten – Verantwortung der Gemeinschaft
Moderator Clemens Brüchert führte die Hauptakteurinnen und Hauptakteure aus Verwaltung, Praxis, Interessensvertretung und Forschung durch den Tag.
Zu Beginn gaben Xenia Roth, Grundsatzreferentin im Bildungsministerium, und Prof. Dr. Bernhard Kalicki vom Deutschen Jugendinstitut in München aus ihren Perspektiven einen Überblick über die Entwicklung des Feldes. Teilweise seien „dicke Bretter zu bohren“, es gehe darum, dass die Verantwortungsgemeinschaft hellhörig für die Themen in der Kindertagesbetreuung sei. Laut Kalicki sei das System chronisch unterfinanziert.
Anschließend berichteten Daniela Wünschel-Weber, Bedarfsplanerin Stadt Neustadt an der Weinstraße, und Jessica Kortus, Bedarfsplanerin Stadt Neuwied, von einer Bedarfsplanung, die sie vor allem als Kommunikation der Akteurinnen und Akteure und nicht als „Zahlenschieberei“ verstehen. Als Träger einer Kita stellten Alois Gerten, Bürgermeister von Spangdahlem, und Tanja Feltes als Kita-Leiterin ihre Zusammenarbeit vor. Es gehe darum, in einer Trägerschaft vor allem auch die Fachkräfte zu unterstützen und die Ausgaben für Kitas als Investition in die Gesellschaft zu sehen.
Schließlich wiesen Melanie Coumont als Fachkraft für die Perspektive der Arbeit mit den Kindern und Fenia Isler-Meinzer als Elternvertretung auf die Bedeutung der Kinderperspektive („Gehörtwerden, das ist das Wichtigste“) und eine Verlässlichkeit der Kinderbetreuung hin. Elternmitwirkung sei mehr als Veranstaltungsbegleitung und Kuchenbacken.
Gemeinsam mit den Teilnehmenden wurden Möglichkeiten erörtert, wie Kitas so gestaltet werden können, dass sie die individuellen Bedarfe von Kindern und Familien bestmöglich berücksichtigen und eben damit die zukünftige Gesellschaft gestalten.
Geteilte Zeit – gemeinsame Verantwortung
Kinder verbringen einen erheblichen Teil ihres Alltags in Kindertageseinrichtungen. Mehr als 70 % der unter Sechsjährigen verbringen täglich über sieben Stunden in der Kita. Als zentraler Betreuungsort ergänzen Kitas den familiären Lebensraum und bieten vielfältige Möglichkeiten zur Bildung, Förderung und Begleitung. In den 2.870 Kindertagesstätten (bei 1.500 Trägern) in Rheinland-Pfalz werden gemeinsam mit den Kindertagespflegeeinrichtungen rund 176.000 Kinder im Land betreut (Stand 2024, Quelle: SGB VIII-Statistik, Statistisches Landesamt, Berechnungen des Ministeriums für Bildung Rheinland-Pfalz). Die Veranstalter betonten, dass diese Verantwortung nur gemeinsam wahrgenommen werden kann von pädagogischen Fachkräften, Jugendämtern, Trägern, Elternvertretungen, Politik und der Gesellschaft insgesamt.
Der Kita-Kongress endete mit einem fachlichen Ausklang, der Gelegenheit bot, Eindrücke zu vertiefen und Netzwerke weiter auszubauen.
Weitere Informationen
Das IBEB wird als wissenschaftliche Einrichtung der Hochschule Koblenz geführt mit der Zielsetzung der Darstellung, Sicherung und Weiterentwicklung der Qualität der Kindertagesbetreuung in Rheinland-Pfalz inklusive der Aus- und Fortbildungen in diesem Bereich. Es arbeitet im Wesentlichen im Bereich des Transfers zwischen Wissenschaft, Politik, Praxis und Trägerverantwortung zur Unterstützung eines kompetenten Systems im Feld der Bildung, Erziehung und Betreuung in der Kindheit und hat damit eine Aufgabe, die auch über Rheinland-Pfalz hinausgehend ein Alleinstellungsmerkmal des Institutes darstellt.