Ministerrat beschließt Hochschulgesetz-Entwurf - Wolf: „Wir öffnen die Türen der Hochschulen"

Der Ministerrat hat in seiner gestrigen Sitzung den Gesetzentwurf zum neuen Hochschulgesetz beschlossen. Damit kann die Gesetzesberatung durch den Landtag begonnen werden. Ziel des Gesetzesvorhabens ist die weitere Öffnung und Modernisierung der rheinland-pfälzischen Hochschulen. Dem Beschluss des Kabinetts vorausgegangen war eine Anhörung der Hochschulen, Verbände und weiterer Gruppen. Die Rückmeldungen waren gründlich geprüft und Anregungen übernommen worden. Wissenschaftsminister Prof. Dr. Konrad Wolf stellte heute zusammen dem Vorsitzenden der Landeshochschulpräsidentenkonferenz Prof. Dr. Michael Jäckel (Universität Trier) und seinem Stellvertreter Prof. Dr. Kristian Bosselmann-Cyran (Hochschule Koblenz) den über 250 Seiten starken Entwurf der Öffentlichkeit vor.

„Mit ein wenig Stolz kann ich heute sagen: Der vorliegende Gesetzentwurf stellt eines der modernsten Hochschulgesetze in Deutschland dar. Wir schaffen damit starke, offene und zukunftsorientierte Hochschulen in Rheinland-Pfalz“, so Wissenschaftsminister Prof. Dr. Konrad Wolf. „Ich möchte die Türen der Hochschulen nach vielen Seiten öffnen, so dass Studierende, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die bestmöglichen Strukturen vorfinden, um in Studium und Lehre, Wissenschaft und Forschung erfolgreich zu sein. Wir brauchen Unterstützung für den Studienerfolg, flexible Studienformate und mehr Autonomie und Eigenständigkeit für unsere Hochschulen. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf verfolgen wir das Ziel, Türen zu öffnen und Chancengerechtigkeit für alle zu schaffen.“

So sieht der Entwurf der Hochschulgesetz-Novelle einen Anspruch auf Studienberatung vor. Die Hochschulen sollen zukünftig stärker an der Studienorientierung mitwirken. Angesichts der vielfältiger werdenden Studierendenschaft werden neue Studienangebote geschaffen, wie Teilzeitstudiengänge und duale Studiengänge auch im Masterbereich. Zukünftig sollen beruflich Qualifizierte ohne zweijährige Berufstätigkeit ein Studium beginnen können. Den Absolventinnen und Absolventen von Hochschulen für angewandte Wissenschaften soll ausdrücklich ein gleichberechtigter Zugang zur Promotion gewährleistet werden. Dem wissenschaftlichen Nachwuchs eröffnet das Gesetz weitere Karrierechancen durch neue Tandem-Professuren an den Hochschulen für angewandte Wissenschaften und die Verankerung von gemeinsamen Berufungen von Hochschulen und außeruniversitären Einrichtungen. Durch Tenure Track-Modelle und eine modifizierte Juniorprofessur werden die Perspektiven für den Wissenschaftsnachwuchs verlässlicher gestaltet.

Die Autonomie und Eigenverantwortung der Hochschulen soll durch die Übertragung der Dienstvorgesetzteneigenschaften auf die Hochschulen gestärkt und Verwaltungsvorgänge sollen entbürokratisiert werden. Die Hochschulen werden zukünftig von einem kollegialen Präsidium geführt, das gemeinsam die wesentlichen Entscheidungen trifft. Die Mitglieder des Präsidiums– bestehend aus der Präsidentin oder dem Präsidenten, der Kanzlerin oder dem Kanzler sowie den Vizepräsidentinnen und Vizepräsidenten – werden gewählt und sind abwählbar. Die Einführung der Wahlkanzlerin oder des Wahlkanzlers entspricht den aktuellen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts.

„Mit der Novelle des Hochschulgesetzes werden mehrere Ziele verfolgt: Regelungsbedarfe der Vergangenheit werden nachgeholt, neue Formen der Beteiligung setzen den Rahmen für zukünftige Leitungs- und Gremienaufgaben, Mitwirkungsoptionen werden erweitert, Zuständigkeiten auch dezentral zugeordnet (z.B. Berufungsrecht), das Ziel der Gleichstellung bleibt ein zentrales Element. Die Praxis wird letztlich zeigen, wie das Gesamtwerk den Alltag der Hochschulen verändert. Das neue Gesetz erweitert das Aufgabenfeld der Hochschulen. Es spiegelt die gewachsenen Anforderungen an diese Institution. Diesen Herausforderungen werden und müssen wir uns stellen. Deshalb ist es enorm wichtig, dass unser Minister in den Verhandlungen mit dem Finanzministerium für diesen umfassenden Auftrag auch von dort ein verwertbares Signal erhält: kurzfristig für den Haushalt 2021, aber auch kontinuierlich in den Folgejahren“, so der Vorsitzende der Landeshochschulpräsidentenkonferenz (LHPK), Prof. Dr. Michael Jäckel.

Für die "Hochschulen für angewandte Wissenschaften" (HAW) in Rheinland-Pfalz ergänzt der stellvertretende Vorsitzende der LHPK, Prof. Dr. Kristian Bosselmann-Cyran von der Hochschule Koblenz, dass insbesondere die verbesserten gesetzlichen Verankerungen der sogenannten "nicht-traditionellen" Studienangebote, also beispielsweise der dualen Studien, bei der Gesetzesnovelle positiv gesehen werden, ebenso die Durchlässigkeit der akademischen Bildungswege. Außerdem hätten sich die Hochschulen für angewandte Wissenschaft gewünscht, dass ein eigenständiges Promotionsrecht für die HAWs eingeführt werden würde. Jedoch öffne sich dank der Verankerung der Forschungskollegs im Hochschulgesetz hier eine Tür in die Richtung.

Nach der ersten Befassung des Ministerrats erfolgte die Anhörung zum Gesetzentwurf, in deren Rahmen die Hochschulen, ASten, Gleichstellungsbeauftragten, Verbände und weitere Gruppen, wie die Gewerkschaften, Kammern und weitere Behörden, sich zu dem Entwurf äußern konnten. „Die zahlreichen Rückmeldungen im Rahmen der Anhörung haben uns verdeutlicht, dass ein großes Interesse in der Hochschullandschaft und in der Gesellschaft besteht, eine gute gesetzliche Grundlage für die Zukunft unserer Hochschulen auf den Weg zu bringen. Wir haben uns sehr intensiv mit den Rückläufen beschäftigt. Viele Rückmeldungen waren sehr hilfreich und konnten unseren ersten Entwurf nochmals abrunden“, betonte Wolf.

So wird u.a. auf Anregung der Hochschulen die Gründungsförderung als Aufgabe der Hochschulen in das Gesetzeswerk aufgenommen. Auch wird Auszubildenden in Analogie zu Frühstudierenden die Möglichkeit gegeben, parallel zu ihrer Berufsausbildung erste Kompetenzen an der Hochschule zu erwerben. Zusätzlich wurde dem Wunsch der Studierendenvertretung nachgekommen, die neu eingeführte Mitgliederinitiative durch eine Studierendeninitiative zu ergänzen, die ähnlich zu einem Bürgerbegehren eine Befassung in einem Hochschulgremium erwirken kann. Mit dem Beschluss im Ministerrat kann nun der Gesetzentwurf dem Landtag übergeben werden. Damit wird der parlamentarische Teil des Gesetzgebungsverfahrens eingeleitet. Es wird damit gerechnet, dass der Landtag bis zur Sommerpause die Beratungen abgeschlossen haben wird. Damit könnten die neuen Regelungen bereits zum Wintersemester 2020/2021 greifen.