Wearable Labor

Das Ziel: Ein all-in-one Wearable

Das zentrale Thema unserer Arbeitsgruppe ist die Entwicklung von Methoden und Systemen zur Erhebung und Analyse entsprechender Daten. Ein methodischer Ansatz ist hierbei die Entwicklung von Mikronadel-Systemen, die lediglich in die oberflächlichen Hautschichten eindringen, es aber ermöglichen, Proben der Gewebeflüssigkeit zu nehmen und zu analysieren. Systeme, die auf diesem Weg den Blutzucker bestimmen, sind schon auf dem Markt. Sie haben aber den Nachteil, nur eine Substanz untersuchen zu können. Wir möchten innovative Messverfahren entwickeln, die die unterschiedlichsten Substanzen detektieren und deren Konzentration bestimmen können. Neben Glukose (dem „Blutzucker“) sind z.B. auch Elektrolyte oder Laktat wichtige Marker in der intensivmedizinischen Versorgung. Um all dies in einer all-in-one Lösung umzusetzen, wird eine autarke Energieversorgung. benötigt.

Arbeitsgruppe

Hintere Reihe: Louis Klomfass, David Weirich, Prof. Dr. Marco Junglas, Melina Schmitz  
Vordere Reihe  Prof. Dr. André Steimers, Rene Pascal Schönberger, Annika Schlag, Marie Kussi, Khadija Al Akhras, Emad Khadir, Prof. Dr. Lukas Scheef

Präventive Medizin

Der Kostendruck verlagert die Krankenversorgung zunehmend in den ambulanten und häuslichen Bereich. Zur weiteren Versorgung werden Patienten nach unterschiedlichen Schemata regelmäßig zu Nachuntersuchungen einbestellt. Dies ist sehr ineffektiv und für alle Beteiligten mit hohem logistischem und finanziellen Aufwand verbunden. Ein großer Prozentsatz dieser Einbestellungen (hier schwanken die Angaben in der Literatur zwischen 30% und 70%) zeigt keine Änderungen und ein therapeutisches Eingreifen ist nicht notwendig. Einsparungen sind hier auf zwei Arten möglich: zum einen durch Verbesserungen bei „Remote-Sprechstunden“, durch den Einsatz von Messtechniken, die die klassischen Grunduntersuchungen, wie z.B. das Abhören von Herz und Lunge aus der Ferne ermöglichen und andererseits durch die Bereitstellung von Laborparametern. Dies würde ein gezieltes Einbestellen von Patienten ermöglichen und zwar nur dann, wenn es medizinisch notwendig wäre. Betroffene könnten sich damit unnötige Fahrten ersparen und die Ambulanzen würden entlastet.

Mikronadeln

Wir haben uns für diesen Weg entschieden, da Mikronadeln, da ihre Applikation nicht schmerzhaft ist und auch keine Blutgefäße eröffnet werden müssen. Hierdurch reduziert sich zum einen die Infektionsgefahr, zum anderen erwarten wir eine hohe Akzeptanz solcher Systeme bei Patienten. 

Wie groß sind Mikronadeln?

Die oberste Hautschicht ist ungefähr 0,1 – 0,15 mm oder 100 – 150 µm dick. Das heißt, Mikronadeln sollten eine Länge von ~ 0,2 mm, bzw. 200 µm besitzen, um sicher die oberste Hautschicht zu durchdringen. Diese Nadeln müssen hohl sein. Die Nadeldicke liegt dabei in einer ähnlichen Größenordnung, mit einem Innendurchmesser um 50 µm. Zum Vergleich: Ein menschliches Haar ist ungefähr zwischen 40 µm und 120 µm dick. 

Woher bekommen wir die Mikronadeln?

Durch die Anschaffung eines Mikropräzisionsdruckers sind wir in der Lage, Mikronadelsysteme selbst herzustellen. Die Auflösung beträgt ~ 5 µm. Das entspricht ungefähr der doppelten Dicke eines roten Blutkörperchens. Da wir auch Drucksysteme im Labor stehen haben, die elektrische Schaltungen auf Folien drucken können, haben wir alle Elemente zusammen, um ein mikronadelbasiertes Pflaster entwickeln zu können, das die Körperflüssigkeit chemisch analysieren und interpretieren kann. Zusammen mit den Kollegen Professor Jens-Georg Schmidt, Professor Wolfgang Kies sowie weiteren Partnern haben wir Drittmittel beim BMBF beantragt, um das Projekt weiter voranzutreiben.

Projekte

Eine all-in-one Lösung erfordert Innovationen aus verschiedenen Themen.
In diesem Kontext forschen wir unter anderem an folgenden Projekten: 

  • Aufbau eines physiologischen Modells zur Evaluierung von Mikronadeln
  • Energie überall: Die Kraft unter unseren Füßen
  • Untersuchung eines optischen Messprinzips zur Einschätzung der Hydrierung
  • Elektrische Messungen zur Einschätzung der Hydrierung (Bioimpedanzanalyse)

 

Aufbau eines physiologischen Modells zur Evaluierung von Mikronadeln

(M. Schmitz, L. Scheef)
Die Entwicklung eines physiologischen Perfusionsmodells ist essenziell für die Entwicklung tragbarer biochemischer Sensorik und schlägt eine Brücke zwischen der Medizin und der Biologie einerseits und der technischen Entwicklung andererseits. Die Grundlage des physiologischen Perfusionsmodells soll ein schlachtfrisches Schweineohr darstellen, welches unmittelbar im Anschluss an die Schlachtung entfernt und in einer gekühlten Transportbox ins Labor transportiert wird. Hier erfolgt unmittelbar der Anschluss an das System, um die Oxygenierung und die Nährstoffversorgung des Gewebes sicherzustellen. Die Haut des Schweineohrs eignet sich besonders gut, da diese von der Dicke der verschiedenen Hautschichten und Hautperfusion der menschlichen Haut entspricht. Durch den Anschluss an diese Herz-Lungen-Maschine wird sichergestellt, dass das Organ biologisch intakt bleibt. Durch gezielte Veränderung der Perfusionsflüssigkeit (Kunstblut oder heparinisiertes Schweineblut) können physiologische Parameter bzw. die Konzentration nachzuweisender Substanzen gezielt verändert werden. Das erlaubt einen Abgleich mit den gemessenen Werten der Wearables bzw. anderer Messsysteme. So lassen sich diese nicht nur validieren und verifizieren, sondern auch die Prozessdynamik untersuchen.

 

Energie überall: Die Kraft unter unseren Füßen

(E. Khadir, M. Junglas)
Energie ist eine der wertvollsten Ressourcen der Menschheit und doch umgibt sie uns ständig und bleibt oft ungenutzt. Nach dem Gesetz der Energieerhaltung kann sie weder erzeugt noch zerstört werden, sondern nur von einer Form in eine andere umgewandelt werden. Diese einfache Tatsache wirft eine wichtige Frage auf:
Was wäre, wenn wir die verlorengegangenen Energieformen, die wir täglich produzieren, auffangen könnten?
Denken Sie einmal darüber nach: Jeder Schritt, den wir auf der Straße machen, erzeugt durch unser Körpergewicht mechanische Kraft. Diese Energie, die normalerweise verschwendet wird, könnte durch piezoelektrische Materialien gewonnen werden – Materialien, die mechanischen Druck in elektrische Energie umwandeln.
Unsere Idee baut auf diesem Prinzip auf:
Was wäre, wenn wir PZT-Piezoelemente (Blei-Zirkonat-Titanat) nahtlos in unseren Alltag integrieren könnten, zum Beispiel in unsere Schuhe, um saubere, erneuerbare Elektrizität zu erzeugen, ohne dabei auf Komfort verzichten zu müssen? Wir verfolgen diese Vision mit einem indirekten, aber zukunftsorientierten Ansatz: Wir erforschen, wie PZT-Materialien optimiert, umgestaltet und neu konzipiert werden können, um alltägliche Bewegungen in recycelbare, saubere und kostenlose Energie umzuwandeln.
Ein Schritt in Richtung Zukunft


Untersuchung eines optischen Messprinzips zur Einschätzung der Hydrierung 

(L. Klomfass, D. Weirich, M. Junglas, L. Scheef, A. Steimers)
Die Messung des menschlichen Wassergehalts (Hydratation) ist ein wichtiges Thema in Medizin und Sport. Im Wearables Labor haben wir uns in einem aktuellen Projekt einer grundlegenden Frage gewidmet: Lässt sich der Wassergehalt im Gewebe mittels eines optischen Verfahrens zuverlässig erfassen?
Die Idee basiert auf Nahinfrarot-Spektroskopie (NIRS). Wasser absorbiert Licht je nach Wellenlänge unterschiedlich stark: Im sichtbaren Bereich absorbieren andere Substanzen das Licht stärker - der Nahinfrarot-Bereich (NIR) eignet sich für eine reine Wassermessung deswegen besser. Wenn man also Licht mit bekannten Eigenschaften in das Gewebe sendet und misst, wie viel davon zurückkommt, kann man Rückschlüsse auf den Wassergehalt ziehen.


Elektrische Messungen zur Einschätzung der Hydrierung (Bioimpedanzanalyse)

(R.P. Schönberger, Maximilian Weber,  M. Junglas, L. Scheef, A. Steimers)
Ein alternatives Verfahren zur Messung der Körperzusammensetzung ist die sogenannte Bioimpedanzanalyse (BIA). Die BIA nutzt die unterschiedlichen Leitfähigkeiten der Gewebetypen: Muskel- und Körperwasser sind gute Leiter, Fett dagegen ein schlechter Leiter. Wird ein schwacher Wechselstrom durch den Körper geleitet, lässt sich abschätzen, wie der Körper zusammengesetzt ist. So funktionieren die Körperfettwagen. Im Rahmen des Projekts wollen wir untersuchen, ob sich zuverlässige Aussagen über die Körperhydration machen lassen, wenn der Strom nicht durch den ganzen Körper geschickt wird, sondern lediglich ein kleines Volumen durchfließt. Als Referenz verwenden wir ein klinisches BIA-System.