Serie "Starke Frauen an der Hochschule Koblenz" - Heute: Die Vizepräsidentin

Wissenschaft gilt oft noch immer als Männerdomäne – und so sind Frauen in den Führungspositionen der größten Universitäten und Hochschulen für Angewandte Wissenschaften vielerorts nach wie vor deutlich unterrepräsentiert. An der Hochschule Koblenz beginnt diese Entwicklung in den letzten Jahren aufzubrechen. Der Frauenanteil steigt langsam, aber kontinuierlich, und immer mehr Frauen übernehmen Führungspositionen – sei es in der Forschung, Lehre oder Verwaltung. Grund genug, diese Frauen in einer kleinen Serie vorzustellen.

  • Prof. Dr. Daniela Braun

Seit September 2016 ist Prof. Dr. Daniela Braun Vizepräsidentin für Lehre und Diversity an der Hochschule Koblenz. Als Teil des Präsidiums kümmert sie sich um die Qualität der Lehre und entwickelt in Zusammenarbeit mit den Fachbereichen neue Studiengänge. Zudem verantwortet sie Strategien und Maßnahmen zur Stärkung von Vielfalt an der Hochschule Koblenz. Im Fachbereich Sozialwissenschaften hat sie die Professur für Kindheitswissenschaften inne. Ihre kreative Ader schafft eine Balance zwischen Arbeit und Kunst als Hobby.

Vielfältigkeit als Motivation für Diversity-Maßnahmen

„Ich bin als Vizepräsidentin für Lehre und Diversity angetreten, weil mir Vielfältigkeit am Herzen liegt und Vielfalt das Leben auch im Beruf und in der Bildung bereichert.“, erzählt die zentrale Gleichstellungsbeauftragte der Hochschule Koblenz, „unsere Studierenden sind so verschieden wie auch unsere Beschäftigten und Lehrenden, dafür stehen wir ein.“ In ihrer Amtszeit hat Daniela Braun bereits einige Maßnahmen für mehr Diversität auf den Weg bringen können, die das Büro für Gleichstellung und Diversity koordiniert und umsetzt. Die Unterstützung von Studierenden und das Schaffen von Beratungsmöglichkeiten zum Thema Diversity stehen dabei im Vordergrund.

Gleichstellung – früher und heute

Das Thema Gleichstellung begleitet Daniela Braun schon ihr ganzes Leben: „Ich bin Mitglied einer Generation, die es noch sehr schwierig hatte. Ich hatte immer das Gefühl, dass ich als Frau mehr im Beruf leisten muss als meine männlichen Kollegen.“ Sie erinnere sich auch noch gut an dumme Sprüche und abwertende Kommentare gegenüber Frauen in den 80-er und 90-er Jahren. Auch im Berufsleben wurde sie damit konfrontiert. „In allen Bewerbungsgesprächen hat man mich wirklich entsetzt angeschaut, als ich gesagt habe, dass ich mir die Erziehungsarbeit mit meinem Mann teilen werde und so Beruf und Familie miteinander verbinden kann“, berichtet sie, „einmal musste ich sogar eine Leitungsfunktion abgeben, weil ich in Teilzeit gegangen bin.“ Heute hätten sich die Umstände erfreulicherweise deutlich gebessert: „Es ist im mittlerweile gesellschaftlicher Konsens, dass eine ungleiche Behandlung und abschätzige Äußerungen gegenüber allen Menschen nicht mehr akzeptabel sind.“

Unterrepräsentation von Frauen in Führungspositionen

Als Braun in der Sozialen Arbeit und der Wohlfahrtspflege tätig war, stellte sie fest, dass die Besetzung der Führungspositionen nicht die Zusammensetzung der Beschäftigten widerspiegelte. Hier waren zwar überwiegend Frauen beschäftigt, die Rate an weiblichen Führungskräften jedoch verhältnismäßig niedrig. Auch heute beobachte sie solche Phänomene. Die Gründe dafür können vielfältig sein. „Ich bin mir sicher, dass es viele Frauen gibt, die sich eine Führungsposition wünschen und auch anstreben. Ich bin mir aber auch sicher, dass nicht alle Frauen auch eine Führungsoption für sich sehen“, erläutert sie. Viele Mädchen hätten diese Führungsrolle noch nicht verinnerlicht und strebten sie dementsprechend nicht an. Besonders betreffe das die MINT-Bereiche, in welchen Frauen in bedeutenden Rollen häufig unterrepräsentiert seien und die Bewerberlage von Frauen noch relativ dünn sei.

Kunst als Ergänzung zum Beruf und das Reiten als Vorbild für Führungskräfte

Die ehemalige Studiengangsleitern des Bereichs Bildung und Erziehung hat eine Ausbildung als Bildhauerin absolviert und verbringt ihre Freizeit gerne im eigenen Atelier. Ihre kreative Ader verbindet das Hobby mit der Arbeit an der Hochschule: „Die Kreativität findet im wissenschaftlichen und im künstlerischen Bereich ihren Ausdruck. Ich kann das ganz gut miteinander verbinden, weil natürlich mein Hauptengagement zunächst einmal meiner Tätigkeit hier an der Hochschule gilt und ich den künstlerischen Bereich von den Zeitressourcen her so steuern kann, wie ich das möchte.“ Aktuell beschäftigt sich die Vizepräsidentin für Lehre und Diversity besonders mit Upcycling-Assemblagen, dem Schaffen neuer Objekte aus alten Materialien. Besonders fokussiert sie sich dabei auf die Umgestaltung alter Werkzeuge. Zudem hält Daniela Braun ein eigenes Pferd und ist eine begeisterte Reiterin. „Ich finde es faszinierend, sich einem Tier anzuvertrauen und von ihm getragen zu werden, trotzdem muss man es lenken und leiten. Es geht darum, die Balance zwischen Vertrauen und Steuerung zu finden, was man auch im Beruf gut gebrauchen kann“, erklärt die vierfache Großmutter. Das mache eine erfolgreiche Führungskraft aus.

Hilfreiche Unterstützung durch Bildung und Erhalt von Netzwerken

Weibliche Netzwerke haben Daniela Braun in ihrem Berufsleben mehrfach unterstützt. Sie betont jedoch, dass diese Verhältnisse bei weitem keine Selbstverständlichkeit gewesen seien und sich vor allem ihre Generation dafür einsetzen mussten. „Das war nicht einfach und war für uns Frauen eher unüblich.“ Netzwerke seien, unabhängig ob für Frauen oder Männer, hilfreich, um sich gegenseitig zu unterstützen und unterschiedliche Informationen weiterzutragen, an die man sonst nicht so schnell kommen würde. Die ehemalige Vorsitzende des Ausschusses für Gleichstellungsfragen des Senats spricht eine Empfehlung für das Schaffen und Nutzen solcher Netzwerke aus und hebt die neuen Möglichkeiten an der Hochschule Koblenz positiv hervor: „Ich finde Angebote wie etwa das Professorinnen-Frühstück oder das Frühstück für Mitarbeiterinnen sehr gut. An der Hochschule gab es bereits einige Netzwerke, die aber sehr häufig direkt beruflich gebunden waren. Diese neuen Aktivitäten sind eine schöne Idee, um einfach nur Begegnung zu ermöglichen.“

Diversity als wichtiger Faktor in der Familie

Daniela Braun ist mehrfache Mutter und Großmutter, sie hat vier Enkel, die sie regelmäßig besuchen. Auch in ihrer Familie spielt der Diversity-Gedanke eine wichtige Rolle. „Wir leben in unserer Familie durchaus divers. Es gibt Familienmitglieder aus unterschiedlichen Ländern in Europa und den USA. Es gibt verschiedene kulturelle Hintergründe und dementsprechend versuche ich den Gedanken von Toleranz und Akzeptanz mit meinen Enkeln zu leben.“ Sie sei froh, dass ihre Söhne diese Einstellung verinnerlicht haben und danach leben. Bei der Wahl des Kindergartens für den Nachwuchs hätte die Diversität eine wichtige Rolle gespielt. „Es war uns und insbesondere den Eltern wichtig, dass auch Kinder verschiedenster Herkunft vertreten sind“, betont die Großmutter, die gerne mit ihren Enkeln Kunst macht: „Sie lieben es, die Dinge in meinem Atelier ganz nach ihren Vorstellungen zu gestalten. Ihr sei es als Großmutter wichtig, verschiedene Erlebnisse miteinander zu teilen ermöglichen, damit sich die Kinder vielfältig ausleben können.

Das Ziel nicht aus den Augen verlieren

„Jungen Frauen, die Führungspositionen anstreben, kann ich nur den Tipp geben, das Ziel leidenschaftlich zu verfolgen. Man wird in dem Erfolg haben, was man liebt und mit Begeisterung macht“, rät die Vizepräsidentin, „sie sollten sich nicht vom Weg abbringen lassen. Auch nicht von Leuten, die einem immer noch erzählen wollen, Familie und Kinder seien nicht mit beruflichen Erfolg vereinbar.“ Dabei solle man jedoch nicht zu verkrampft sein, sondern spielerisch und planerisch die Möglichkeiten nutzen, die einem das Leben gibt.