Matthias Brenner at Umeå University, Umeå, Sweden

Ich habe mein Praxissemester als Erasmusstudent in Umeå/Schweden verbracht. Umeå liegt in Nordschweden, genauer gesagt in der Provinz Västerbottens län. Umeå ist eine junge und internationale Stadt. Dies nicht zuletzt durch die Universität, die das gesamte Stadtbild prägt. Die internationale Ausprägung zeigt sich auch durch Umeås Bewerbung um die Ausrichtung der Kulturhauptstadt 2014.

Umeå erreicht man am schnellsten über den Luftweg. Mit Germanwings fliegt man von Köln/Bonn aus für etwa 60 Euro nach Stockholm. Von dort nimmt man je nach Verfügbarkeit Flieger von SAS oder Norwegian. Bei SAS gibt es für Kurzentschlossene Last Minute Tickets die um die 45 Euro kosten. Zu buchen allerdings nur über die schwedische SAS-Seite. Bei beiden Fluggesellschaften kosten die Tickets je nach Buchungszeitpunkt um die 50 Euro. Zu achten ist auf die Gepäckbestimmungen. Die Flugdauer beträgt etwa 3 Stunden (2 + 1). Am Flughafen Umeå war bei meiner Ankunft ein Stand der Universität aufgebaut, wo man mit ersten Infos versorgte wurde.

Nach der Ankunft in Umeå begibt man sich am besten sofort zur Schlüsselabholung. Nach der Bewerbung und erfolgreichen Annahme bietet das International Office der Universität, den Studenten Zimmer in Studentenvierteln an. Die Zimmer sind alle nahezu gleich ausgestattet. Man lebt mit 8-14 Studenten in einem Korridor, teilt sich eine Küche und einen Aufenthaltsraum. Die meisten Zimmer haben ein eigenes Bad mit Dusche und WC und sind zudem mit einem Bett, 2 Tischen, Stühlen, Sessel und Schränken ausgestattet. Zudem lassen Vormieter ab und an ein paar Dinge zurück, bei denen man dann selbst entscheiden kann, ob man sie nutzen will oder nicht.

Die Universität Umeå bietet den ausländischen Studierenden ein ausgesprochen umfangreiches Willkommenspaket an. Eine volle Woche Programm, wo neben nützlichen Informationen, auch Spaß und Party nicht zu kurz kommen. Es ist sehr empfehlenswert, an dieser Einführungswoche teilzunehmen, da man gerade hier neue Leute kennenlernen kann. Zudem erhält man alle wichtigen Informationen über die Uni, die Stadt, Dinge die es zu erledigen gibt und natürlich das Buddyprogram. Im Buddyprogram bilden etwa 10-20 internationale Studenten eine Gruppe. Diese wird von etwa 4-6 schwedischen Studenten betreut, die Aktivitäten (Bowling, International Dinner, Kanutrips etc.) organisieren, zu Partys einladen und ein offenes Ohr für Fragen haben. Als Grundlage und Informationsmedium dient neben Facebook (übrigens ein „MUSS“, um Kontakte zu sammeln und in Zukunft zu pflegen) vor allem das Forum www.studentumu.se. Dies dient als Informationsplattform, Verkaufsbörse etc. Das International Office bietet eine Top Betreuung. Der Großteil der Mitarbeiter dort ist überaus hilfsbereit und lässt alles stehen und liegen, um einem zu helfen. Neben der Abwicklung der Zimmervermietung und des Buddyprogram, kümmern sich die Mitarbeiter um die Kurswahlen, notwendige Unterschriften etc. Zudem bietet das International Office in Zusammenarbeit mit einem Reiseunternehmen Reisen nach St. Petersburg und Tallinn an. Der St. Petersburg –Trip ist zwar lang und hart, aber lohnt sich allemal. Die „Erfahrung“ Russland sollte man einmal gemacht haben.

Die Universität Umeå ist eine Campusuni. Das Universitätskrankenhaus, die einzelnen Fakultäten und das Uni-Sportzentrum IKSU gehen in einander über. So bleibt es nicht aus, dass man auf der Fahrt vom Wohnviertel zum und über den Campus im Prinzip ununterbrochen am Grüßen ist und vor lauter Small-talk fast vergisst pünktlich in der Vorlesung zu erscheinen. Die englischsprachigen Kurse sind vom Niveau der Sprache je nach Dozent unterschiedlich. Alles in Allem, und ab und an mit Hilfe eines Dictionaries ist es aber einfach den Kursen zu folgen. Das System in Schweden ist ein wenig anders als in Deutschland. Das Semester ist aufgeteilt in 4 Teile. In jedem einzelnen belegt man nur einen Kurs. Das heißt man hat Fulltime ein und denselben Kurs über 4-6 Wochen, welcher mit einer Klausur, Hausarbeit oder Präsentation abschließt. In den Business Kursen muss zudem wöchentlich ein Paper/Essay über einen Artikel oder ein vorgegebenes, bzw. selbst gesuchtes Thema abgegeben werden. Somit ist man innerhalb der Kurse Fulltime beschäftigt. Im Falle eines Nichtbestehens der Klausur hat man die Chance ein Re-exam zu schreiben, welches in der Regel aber oftmals mit den Terminen der nächsten Prüfungen kollidiert und sich somit auf die Leistung der neuen Klausur auswirkt.

In der trotz Uni vorhanden Freizeit treffen sich die Schweden zu einer Fika. Fika ist im Prinzip alles unter einer vollwertigen Mahlzeit und in etwa vergleichbar mit einem deutschen Kaffeetrinken. Fika wird über den ganzen Tag und nahezu ununterbrochen gemacht. Bei einer 90 Minuten Vorlesung wird nach 45 Minuten eine Pause eingelegt, um Fika zu machen. Auf der einen Seite eine sehr angenehme Tradition, kann es auch nervend sein, wenn man unbedingt eine Information oder Unterschrift braucht und die betreffende Person mal wieder eine Fika-Pause macht und nicht in ihrem Büro sitzt. Zum zweiten verbringen die Schweden ihre Zeit mit Sport. Das IKSU, welches das größte Sportzentrum Nordeuropas ist, bietet die Möglichkeit, nahezu alle Sportarten auszuführen. Neben Kraftraum, Schwimmbad, diversen Hallen, Kampfsport ist vor allem die Beachvolleyballhalle zu erwähnen. Es kann schon mal etwas komisch wirken, bei -10 Grad Celsius und 7.45 Uhr am Morgen, Leute Beachvolleyball spielen zu sehen. Auch wenn mit ca. 50 Euro der Preis für einen Monat recht teuer ist, wird einem wie oben erwähnt viel geboten. Zudem dient IKSU als sozialer Treffpunkt.

Da in Umeå sehr viele Deutsche studieren, ist es oft wichtig, sich zu disziplinieren nicht zu viel Deutsch zu sprechen. Sich einen Internationalen Freundeskreis aufzubauen ist für die Verbesserung der englischen Sprache sehr wichtig. Der Kontakt zu den anderen Internationals fällt meistens leichter. Man ist in derselben Situation und baut sich einen Freundeskreis auf. Die Schweden vor Ort haben meistens ihr funktionierendes Sozialsystem und ihre bestehenden Freundeskreise. So ist es oft schwer, Kontakt zu ihnen zu knüpfen. Neben IKSU hilft vor allem eins: Offen sein! Das heißt beim Kochen in der Korridorküche das Gespräch zu den Mitbewohnern suchen und zur Not „aufzwingen“. Schweden schämen sich oftmals für ihre Fremdsprachkenntnisse, die vom Niveau zumeist über denen der Deutschen liegen. In Schweden spricht fast jeder ein zumindest passables Englisch. Dies erleichtert gerade in den ersten Tagen und Wochen die Kommunikation.

Natürlich empfiehlt es sich zu reisen. Hierbei stehen weniger große Kirchen und tolle Gebäude im Vordergrund, als vielmehr das Naturerlebnis. Beliebt sind die organisierten Trips, die das IKSU-Sportzentrum anbietet. IKSU bietet neben Skitrips, Survival Camps, Hundeschlittenfahren auch Trips nach Norwegen zum Whale-Watching oder einfach nur zum Fjorde gucken an. Eine weitere Möglichkeit ist, sich einen Mietwagen zu mieten. Die ist als Student recht günstig. Gerade für Wochenend- Trips nach Kiruna oder Rovaniemi/Finnland bietet sich diese Alternative an. Natürlich sollte man auch versuchen eine der schwedischen Großstädte im Süden (Stockholm, Göteborg …), zu besuchen.

In Umeå selber bewegt man sich am besten per Fahrrad. Diese werden am Anfang jedes Semester zu überteuerten Preisen angeboten, sind aber unersetzlich. Autos gibt es kaum, fast alles spielt sich per Fahrrad oder Bus ab. In den beiden großen Studentenvierteln gibt es Supermärkte für den täglichen Bedarf. In Alidhem wird zudem zurzeit ein großer deutscher Discounter gebaut. Ansonsten empfiehlt es sich ab und an zu einem der größeren Supermärkte außerhalb der Stadt zu fahren, welche mehr Angebote und ein größeres Sortiment haben. Dort befinden sich auch 2 der 3 Systembolaget. Systembolaget, ist ein staatliches Unternehmen, welches den Alkoholverkauf abwickelt. Alkohol über 3,5 % darf nur in diesen speziellen Läden verkauft werden, natürlich auch nur gegen Vorlage eines Ausweises und ab 20 Jahren.

Am Wochenende halten vor allem die beiden großen Studentenviertel Mariehem und Alidhem Korridorpartys bereit. Diese dienen zum „Warm Werden“. Danach zieht man entweder weiter in die Stadt oder zu einem der 3 Studentenclubs auf dem Campusgelände. In ganz Umeå gilt ausnahmslos, dass die Pubs und Clubs um 2 Uhr geschlossen werden. Bei einer Entscheidung für Schweden sollte man sich bei 2 Dingen sicher sein, dass diese einen nicht zu stark mitnehmen. Zum einen, dass man mit der Dunkelheit und dem Wetter im Wintersemester zu Recht kommt und zum anderen, dass Schweden von den Unterhaltskosten zu einem der teureren Länder zählt.

Entschädigt wird man durch die Natur und zum Anderen durch die Freundlichkeit der Menschen. Durch das gesetzlich vorgeschriebene Duzen wirkt das Zusammenleben insgesamt freundlicher und netter. Schweden sind hilfsbereit und machen alles um einem zu helfen.

Alles in Allem kann ich Schweden und Umeå nur empfehlen. Durch die Tatsache, dass die Vorlesungen in Englisch, der Alltag aber in Schwedisch abläuft, hat man die Chance, sich gleich in 2 Sprachen zur gleichen Zeit zu Verbessern. Man baut sich einen fürs Leben unschätzbaren internationalen Bekanntenkreis auf und lernt viel über andere Kulturen und nicht zuletzt auch über sich selbst.