Selina Wolter - Semester Abroad at the University of Lisbon/Portugal

Die Entscheidung an einem Auslandssemester teilzunehmen entstand ziemlich spontan. Dadurch, dass der RheinAhrCampus viel Werbung für Auslandsaufenthalte macht, habe ich mich während meines vierten Semesters entschlossen, Sprachen/Internationales am RAC zu besuchen und mich ganz unverbindlich zu informieren. Hinzu kam noch, dass das fünfte Semester als Praxisphase vorgesehen ist, wodurch ich mir kein Freisemester nehmen musste. Somit war das der optimale Zeitraum, um ins Ausland zu gehen. Nachdem allgemeine Fragen meinerseits geklärt wurden, fingen die Vorbereitungen zur Anmeldung des Auslandssemesters direkt an.

Ich habe als Zieluniversität als einzige Wahl die Universidade de Lisboa angegeben. Aufgrund der Tatsache, dass ich mit meiner Bewerbung für das Auslandssemester ziemlich spät dran war, gab es nur noch wenige freie Plätze an den anderen Partneruniversitäten des RAC. Dadurch war die Auswahl nicht mehr allzu groß und Lissabon war die Stadt, die mir wirklich zugesagt hat. Somit hatte ich mich nur für die Uni beworben habe und glücklicherweise auch den Platz bekommen. Anderenfalls hätte ich nach einem Praktikumsplatz im Ausland gesucht.

Portugal war mein Zielland, weil ich bereits vor dem Auslandssemester einige Urlaube dort verbracht habe und ich das Land und die Menschen dort sehr in mein Herz geschlossen habe. In Lissabon selbst war ich vor meinem Auslandssemester noch nicht und damit war für mich klar, dass ich die Stadt kennenlernen möchte.

Portugal ist vergleichsweise ein kleines Land, was aber wiederum sehr viel zu bieten hat. Mit dem Auto, was man günstig mieten kann, kann man das gesamte Land erkunden ohne länger als maximal 3-4 Stunden im Auto unterwegs zu sein.

Hier sieht man eines der Wahrzeichen Lissabons: Die Ponte 25 de Abril. Die Fahrt über die Brücke ist jedes Mal aufs Neue beeindruckend und man hat einen tollen Blick über ganz Lissabon und über den Fluss Tejo.

Organization of the stay abroad - financing, travel preparations, accommodation


Lissabon erlebt momentan einen enormen Anstieg der Besucherzahlen und wird auch bei Erasmusstudierenden immer beliebter. Dies schlägt sich auch in steigenden Mietpreisen nieder. Zwischen 400 bis 500 Euro für ein WG-Zimmer ist mittlerweile ein Standardtarif für ausländische Studierende. Mehr als 500 Euro solltet ihr aber definitiv nicht für eine Wohnung bezahlen. Mit dem Erasmus-Geld konnte ich meine Miete nahezu begleichen, wodurch ich bzw. meine Eltern nur noch für die Lebenskosten aufkommen mussten. Diese sind im Vergleich zu anderen Städten wirklich gering! Supermärkte und besonders Restaurants sind im Vergleich zu Deutschland einiges günstiger. Die einzige Ausnahme sind Kosmetika, die teurer sind als in Deutschland. Damit sind die Mieten zwar nicht ganz günstig, dafür sind die Lebensunterhaltkosten aber viel geringer, wodurch sich die Kosten ausgleichen.

Als zu bevorzugende Wohngegenden kommt es ein bisschen darauf an, nach was euch der Sinn steht. Wenn ihr gerne nah an den meisten Bars, Clubs und Sehenswürdigkeiten wohnen möchtet, sind das Bairro Alto, Estrela oder Baxia-Chaido sicherlich empfehlenswert. Die meiner Meinung nach schönsten Stadtviertel sind Alfama, Santos und Graça. Diese Gegenden sind aber gerade im Sommer auch bei Touristen sehr beliebt. Ich selbst habe super zentral in Baixa-Chiado gewohnt. Das ist direkt in der Stadt, wo sich zahlreiche Einkaufsmöglichkeiten und Restaurants befinden. In wenigen Gehminuten ist man am Plaça do Comércio und damit unmittelbar am Meer. Auch in wenigen Gehminuten erreichbar sind die Metrostationen Baixa-Chiado und Rossio, die wahrscheinlich am häufigsten befahrensten Metrostationen Lissabons. Lange Warten musste ich auf eine Bahn nie und war immer gut angebunden.

Generell würde ich aber auf jeden Fall raten, eine Unterkunft in der Nähe einer Metrostation zu suchen, um in der Stadt ausreichend mobil zu sein. Das Metronetz ist super ausgebaut, sehr zuverlässig und die Bahnen fahren in kurzen Abständen.

Die Wohnungen in Lissabon sind teilweise noch sehr alt und schlecht isoliert. Daher empfiehlt es sich, bei eurem Vermieter nach einem mobilen Heizer zu fragen. Nehmt euch für die Monate Februar und März auf jeden Fall warme Sachen mit, ihr werdet sie definitiv brauchen. Mietverträge in Portugal sind zudem eher unüblich.

Als Anlaufstellen für die Wohnungssuche würde ich von den Erasmus-Organisationen wie ELL oder ESN abraten, da man hier oftmals an zwielichtige Vermieter geraten kann und bei Problemen nur bedingt weitergeholfen wird. Auch von den Portalen wie Uniplaces, Spotahome oder InlifePortugal würde ich eher abraten, da diese Portale eine hohe Vermittlungsgebühr in Rechnung stellen und hier auch die Vermieter meistens eher am Profit interessiert sind und sich wenig um die Anliegen der Mieter kümmern. Ich würde euch daher vor allem zu Facebook-Gruppen z.B. „Casas/Quartos para arrendar em Lisboa“ raten. Zudem kann ich die Internetseiten bquarto.pt oder idealista.pt für die Wohnungssuche empfehlen. Fangt früh an eine Wohnung zu suchen. Ich habe nur zufällig über einen Freund einen Kontakt einer Vermieterin weitergegen bekommen – sonst wäre ich sicherlich aufgeschmissen gewesen.

Anreisevorbereitungen waren nicht nötig. Das einzige was ich als Vorbereitung getroffen habe ist, eine Kreditkarte zu beantragen. Man kann hier zwar nahezu überall mit EC-Karten bezahlen, dennoch braucht man sie, um keine Gebühren beim Geldabheben berechnet zu bekommen. Darüber hinaus ist sie hilfreich, wenn man ein Auto mieten möchte. Andernfalls müssen die Kautionen für das Auto bar hinterlegt werden was unpraktisch ist. Visum, Versicherung und Impfung waren für Portugal nicht notwendig. Eine Reiseversicherung hatte ich jedoch schon vorher.

Das war der Ausblick von meinem „Balkon“. Man konnte das Meer sehen und hatte einen tollen Blick über die gesamte Altstadt.

Die Gasthochschule – Campusleben, Besonderheiten, Kursauswahl, Hilfestellungen


Meine Fakultät war die Faculdade de Direito an der Universidade de Lisboa. Für Erasmus-Studierende besteht hier die Möglichkeit, aus verschiedenen Kursangeboten zu wählen, um die erforderliche Zahl an ECTS zu erwerben. Zum einen können die regulären Semesterkurse im Bachelor (6 ECTS) oder im Master (7 ECTS) belegt werden. Es gibt aber auch Intensivkurse (3 ECTS). Diese finden innerhalb einer Woche verblockt mit jeweils zwei Stunden am Tag statt. Die Abschlussklausur für diese Intensivkurse ist dann irgendwann unter dem Semester. Diese Intensivkurse werden meistens von Gastprofessoren aus den USA und Europa abgehalten und bieten eine vergleichsweise einfache Möglichkeit, ECTS-Punkte zu erwerben, da die Klausuren meist recht einfach gehalten sind und man teilweise auf die eigenen Mitschriften zurückgreifen darf. Ich persönlich habe Bachelorkurse und Intensivkurse belegt. Alle für Erasmus-Studierende angebotenen Kurse sind auf Englisch. Es besteht aber auch die Möglichkeit, die regulären Kurse auf Portugiesisch zu besuchen und anschließend eine Prüfung in Englisch abzulegen.

Das Uni- System ist im Vergleich zu Deutschland verschulter. Die Abschlussnote setzt sich aus Mitarbeit, Referat und Abschlussarbeit oder Abschlussprüfung mit unterschiedlicher Gewichtung zusammen. Die Dozenten haben bei der Wahl ihrer Prüfungsform relativ viel Spielraum, so dass es zu sehr unterschiedlichen Varianten kommen kann. Die Prüfungsform während des Online-Semesters bestand dann in der Ausfertigung einer Hausarbeit von unterschiedlichem Umfang. Teilweise gab es auch Online-Multiple-Choice Klausuren. Beides war gut zu bestehen. Zudem besteht in allen Kursen Anwesenheitspflicht.

Definitiv am meisten Nerven gekostet hat mich die Kurswahl. Zwar musste man bei der Bewerbung an der Uni Lissabon und auf dem ersten Learning Agreement Kurse wählen, das war aber bei Ankunft bereits hinfällig, weil die Kurslisten nicht mehr aktuell waren und manche Kurse gar nicht mehr existierten oder sich zeitlich überschnitten. Hier ist ein reger Austausch mit anderen Erasmusstudierenden von Vorteil, weil alle vor der gleichen Herausforderung stehen. Zudem haben die meisten Kurse erst in der ersten Märzwoche begonnen, also zwei Wochen nach regulärem Vorlesungsstart. Nachdem man sich aber etwas in die Unterlagen eingearbeitet hatte, hatte man schlussendlich aber doch einen guten Überblick, welche Kurse in Frage kommen. Die Uni hat dann in der ersten Märzwoche nochmal einen Zeitraum von einer Woche im Fenix-Portal freigeschaltet, in dem man seine Kurse erneut ändern konnte. Hier rate ich euch, schnell zu sein und gleich nach Freischaltung euch für alle bevorzugten Kurse anzumelden, da gerade die Intensivkurse sehr beliebt und die limitierten Plätze schnell vergriffen sind. Die Anmeldung im Portal ist sehr einfach. Es gibt ein Anleitungsvideo, das die Anmeldeschritte gut erklärt. Zudem bietet das Erasmusbüro an, auch an bei der Kurswahl zu helfen. Die Kurswahl hat bei mir schlussendlich gut funktioniert. Am Ende hatte ich allerdings nur noch einen Kurs, der auf meinem ursprünglichen Learning Agreement stand. Das Erasmusbüro muss neben den Erasmusstudenten auch alle internationalen Studenten vor allem aus Brasilien betreuen. Das Büro ist zwar sehr hilfsbereit, aber angesichts der großen Anzahl der zu betreuenden Studierenden personell nur sehr dünn besetzt. Dies hat zur Folge, dass man oft auf Antworten per Mail oder einen Sprechstundentermin sehr lange warten muss und auch bis zu einer Stunde in der Schlange steht. Man muss einfach einiges an Geduld mitbringen, am Ende hat dann doch alles irgendwie funktioniert und das hat mir wirklich geholfen, gelassener zu werden.

Die Fakultät verfügt neben einem großen Lesesaal auch über eine eigene Bibliothek, die man auch als Erasmusstudent nutzen kann. Zudem gibt es drei Cafeterien und eine Mensa, die bereits für 2€ ein komplettes Mittagsmenü anbietet. Zudem hätte die Fachschaft auch ein Buddy-Programm angeboten. Dieses wurde dann aber wegen dem Coronavirus abgesagt.

 

Das Leben im Gastland – Tipps, Empfehlungen, Kosten, „Dos und Don‘ts“


Lissabon kann ich als aus voller Überzeugung als Stadt für ein Auslandssemester empfehlen! Sie bietet alles, was man sich wünscht: gutes Wetter, Meer, Strände unweit von Lissabon entfernt, gutes und günstiges Essen, viele Möglichkeiten zum Einkaufen und unzählige Bars und Clubs. Hinzukommend hat Lissabon für meinen Geschmack die perfekte Größe. Die Stadt an sich ist nicht zu groß und man wird nicht überflutet mit Angeboten und Möglichkeiten etwas zu unternehmen. Ziemlich schnell kann man sich einen groben Überblick über die Stadt verschaffen, was aber keinesfalls heißt, dass man schnell alle Stadtteile erkundet hat. Alle Stadtteile sind mehr oder weniger egal wo man wohnt, ziemlich schnell durch das gut ausgebaute Metronetz zu erreichen, was einem vieles erleichtert.

Empfehlen kann ich die verschiedenen „Miradouros“ in Lissabon. Das sind übersetzt Aussichtspunkte, die es in der gesamten Stadt zu finden gibt und von denen man einzigartige Ausblicke über die Stadt hat.

Für den öffentlichen Nahverkehr lohnt es sich eine VivaCard zu beantragen, auf die man dann ein Monatsabo für alle öffentlichen Verkehrsmittel im ganzen Großraum Lissabon zum Preis von 40€ (ermäßigt 30€) laden kann. Hierfür müsst ihr zu einer der Vergabestellen an der Uni, Marques de Pombal, Campo Grande oder Cais do Sodré.

Eines meiner Lieblingsrestaurants ist das „Botequim“. Das ist ein portugiesisches Restaurant in dem schönen Stadtteil Graça. Dort kann man sehr günstig essen und die Gerichte sind alle vorzüglich. Eine Reservierung ist auf jeden Fall zu empfehlen, da es dort wirklich immer voll ist.

Das Bild ist im Café „Basilio“ entstanden. Es ist auf jeden Fall einen Besuch wert!

Fazit


Man muss leider festhalten, dass ich mir für mein Erasmussemester wohl den schlechtesten Zeitpunkt ausgesucht habe. Drei Wochen nach Semesterstart wurde die Universität bereits geschlossen. Mitte März spitzte sich die Situation weiter zu und auch Portugal steuerte mit schnellen Schritten auf den Ausnahmezustand und die Ausgangssperre zu. Immer mehr Mitstudenten kehrten, teilweise auch auf staatliche Anordnung hin, in ihre Heimatländer zurück. Auch meine Mitbewohner fassten den gleichen Entschluss. Nachdem ich dann am Ende alleine in der Wohnung war und auch sonst im Land alles einschließlich der Strände geschlossen wurde, bin auch ich Ende März wieder nach Deutschland zurückgekehrt. Das Studium habe ich dann von dort aus mit Online-Kursen fortgeführt und auch abgeschlossen.

Die Stadt und das Land Portugal haben mich überzeugt- Die Menschen hier haben eine offene und entspannte Lebensweise, die sich auch schnell auf einen selbst überträgt. Ich kann nur wirklich jedem raten, hier ein Erasmussemester zu absolvieren. Ich selber hoffe, dass es mir nochmal möglich wird, den Auslandsaufenthalt hier zu wiederholen, da es mir leider kaum möglich war, so etwas wie einen richtigen Unialltag mitzubekommen.

Schlussendlich kann ich jedem ein Auslandssemester ans Herz legen. Nutzt die Chance, die ihr durch die Hochschule und durch das Erasmus Programm bekommt. Außerhalb eines Studiums wird man so eine Chance nicht noch einmal bekommen. Ihr sammelt Erfahrungen, die ihr niemals vergessen werdet und ihr werdet schnell merken, wie richtig es war, sich für ein Semester im Ausland zu entscheiden.