Josefine Lecke - Auslandssemester at University College Leuven-Limburg, Belgium

Einleitung

Mein Name ist Josefine, ich bin 22 Jahre alt und studiere Management, Führung, Innovation am Rhein-Ahr-Campus in Remagen. Ich bin gerade zurück von meinem Auslandssemester in Belgien, genauer in der Stadt Leuven. In diesem Bericht möchte ich euch meine Erfahrungen, Tipps und Erkenntnisse näher bringen und euch so vielleicht auch zu einem Auslandssemester zu motivieren.

Meine Motivation

Warum ich mich zu einem Auslandssemester entschieden habe und wieso nun genau Belgien? Meiner Meinung nach ist das Studium die beste Zeit, um ins Ausland zu gehen. Man ist schon größtenteils selbständig und unabhängig und kann die Erfahrung für das spätere Arbeitsleben gut gebrauchen. Nach dem Studium wird kaum noch Zeit für einen längeren Aufenthalt in einem anderen Land sein; zumindest nicht mit dem Ausmaß an Freiheit.

Ich bin schon immer gerne gereist und habe mich immer am wohlsten im Ausland gefühlt. Die Chance eines Auslandssemesters erschien mir genau richtig. Ich fange jetzt im September mein letztes Semester im Bachelor an und wollte vorher gerne einfach nochmal raus. Aufgrund von Corona waren die Möglichkeiten nicht allzu groß, weshalb ich letztendlich nicht mehr so viele Länder zur Auswahl hatte. Für Belgien habe ich mich entschieden, weil ich dort vorher tatsächlich noch nie gewesen war. Obwohl das Land so nah ist, wusste ich nicht wirklich viel darüber und anfangs hat es mich auch nicht so wirklich dort hingezogen. Nach ein bisschen Überlegen habe ich dann doch zugesagt, da ich mir ein paar andere Erfahrungsberichte durchgelesen hatte und zudem das Land als Zentrum der EU gerne näher kennenlernen wollte.

Organisation und Finanzierung

Bei der Organisation des Auslandssemesters hatte ich viel Hilfe von Frau Neukirchen, welche am Rhein-Ahr-Campus zuständig für diese Angelegenheiten ist. Sie hat mir genau gesagt, welche Unterlagen ich für die Bewerbung brauche und bis wann ich was geschickt haben muss.

Im Frühjahr letzten Jahres habe ich dann eine Bewerbung geschrieben, um mich erst einmal für den Erasmus-Platz in Belgien zu bewerben. Dort konnte man dann auch noch einen Zweit-und Drittwunsch für Zielländer angeben. Ich habe ein Motivationsschreiben, einen Lebenslauf und eine Leitungsübersicht eingereicht. Nur kurze Zeit später habe ich dann auch schon die Zusage erhalten. Da man für Belgien als EU-Bürger keine besonderen Papiere, Visa oder Sprachzertifikate brauch, hieß es dann erstmal warten. Erst im November 2020 konnte dann weitere Schritte abgeschlossen werden. Frau Neukirchen hat mich an der Uni in Leuven nominiert und dann musste ich denen selbst auch noch eine Bewerbung schicken. Hier habe ich einfach wieder die gleiche wie für den Erasmus- Platz genommen. Zudem musste ich noch eine vorläufige Kurswahl treffen. Da gab es von meiner Hochschule eine konkrete Vorgabe, wie viele ECTS ich mindestens brauche und dementsprechend konnte ich dann die Kurse aus dem Katalog der UCLL in Leuven wählen. Nachdem das alles geschickt war und ich auch von der Uni selbst die Zusage hatte, mussten noch Dokumente wie das Learning Agreement und ein Grant Agreement ausgefüllt werden. Dafür gibt es Vordrucke auf der Website der Hochschule Koblenz.

Der nächste Schritt war nun, ein Zimmer in Leuven zu finden. Dank einer Informationsveranstaltung wusste ich von einer Facebook-Gruppe in der belgische Studenten ihre Zimmer untervermieten.

Dieser bin ich beigetreten und habe auch recht schnell ein Zimmer in einem Wohnheim gefunden. Ansonsten erfolgt aber auch durch die Uni selbst eine Vergabe von Wohnheim-Zimmern. Leuven ist eine der teuersten Städte in Belgien wenn es um Wohnungen geht, weshalb es dort sehr beliebt ist, in einem Wohnheim-Zimmer, den sogenannten „Kots“ zu leben. Kaum ein Student hat eine Wohnung.

Um nochmal zurück zum Erasmus-Stipendium zu kommen: Dieses variiert von Land zu Land. Der Betrag, welchen man ausgezahlt bekommt, ist nicht immer gleich hoch. Für Belgien beträgt dieser momentan 370€ im Monat. Diese Summe wird in zwei Raten ausgezahlt. Die erste Rate habe ich nach meiner Ankunft in Belgien bekommen. Ich musste mir von der UCLL bescheinigen lassen, dass ich angekommen bin und habe diese Bescheinigung dann an die Verantwortliche in Deutschland weitergeleitet. Die zweite Rate bekomme ich jetzt nach der Rückkehr nach Deutschland.

Grundsätzlich ist zu sagen, dass das Geld knapp war. Ich habe alleine für die Miete 230€ gezahlt und dann kamen noch Sachen wie Lebensmittel und Getränke, welche in Belgien um einiges teurer sind als in Deutschland, und natürlich auch Ausflüge, ein Bus-Pass und sonstige Ausgaben. Hier würde ich also empfehlen, sich entweder einen Job zu suchen, oder ein ausreichendes Kapital mitzubringen.

 

 

Die Uni und Kurse

Wie schon erwähnt heißt die Uni an der ich war UCLL, was für University Colleges Leuven Limburg steht. Die UCLL gehört zur KU Leuven, der größten Uni in Belgien. Man findet diese auch in Brüssel und Gent und es gibt eine Vielfalt an Fachbereichen und Kursen.

Was meine Kursauswahl angeht hatte ich ja schon erwähnt, dass ich eine vorläufige Wahl treffen musste, als ich mich im November beworben hatte. Da diese aber nur vorläufig war, konnte ich die Kurse dann, als das Semester anfing, nochmal ändern. Als management-Studentin konnte ich aus vier verschieden Bereichen wählen. Diese waren: Management, Marketing, IT und Recht. Es gab wirklich eine große Auswahl und die Uni Koordinatoren haben einen bei der Wahl unterstützt. Ich habe letztendlich sieben Kurse gehabt, wovon einer ein 2-wöchiges Projekt gewesen ist. Mit dieser Menge war ich sehr zufrieden. Man hätte aber sonst auch noch zwei Wochen Zeit gehabt, um sich um zu entscheiden.

Da im Februar die Corona-Situation in Belgien noch recht schlimm war, waren die meisten Vorlesungen, genau wie in Deutschland, online. Allerdings muss ich hier sagen, dass alles viel besser organisiert war. Es gab einen festen Vorlesungsplan und nicht einfach nur Videos, welche hochgeladen wurde. Ich hatte jeden Tag mindestens eine Vorlesung und es wurde viel interagiert, Hausarbeiten verteilt und Gruppenarbeiten via MS Teams organisiert. Meine Angst vor zu viel Langweile hatte sich schnell gelegt.

Ab März wurden dann die Vorschriften und Beschränkungen geändert und es war erlaubt, 30% der Kurse am Campus zu unterrichten. Für mich hieß das, dass ich ca. zwei Tage die Woche zum Campus fahren konnte. Dieser war sowohl mit dem Bus als auch mit dem Rad gut zu erreichen. Die Kurse an sich waren mit nicht mehr als 30 Leuten besucht, meistens aber eher weniger, da oft nur wir Erasmus-Studenten zusammen in einem Kurs waren. Diese kleinen Klassen waren teilweise sehr angenehm und man hat sich schnell besser kennengelernt.

Was die Kurse in Belgien zu den in Deutschland unterscheidet sind die vielen „Assignments“, welche man über das ganze Semester verteilt zu tun hat. Das sind zum Beispiel kleine Hausarbeiten, Präsentationen oder Gruppenprojekte. Diese machen dann schon einen Teil der Endnote aus oder es gibt gar keine Klausur mehr am Ende des Semesters und nur die Hausarbeit wird gezählt. Hier nennen die das „Continuous assessment“. Dadurch hat man das ganze Semester über was zu tun und hat nicht nur am Ende das sogenannte „Bulimie-lernen“. Mir hat das so viel besser gefallen.

Das Leben in Leuven

Leuven ist eine Studentenstadt, was man deutlich merkt, egal wo man hingeht. Die Bevölkerung ist jung und es ist immer überall etwas los. Auch in Zeiten von Corona hat man jeden Abend draußen Studenten versammelt getroffen und einige Plätze in Leuven wurden zu bekannten Orten des Zusammenkommens.

In Leuven gibt es zudem den Oude Markt (alter Markt), welcher die längste Bar- und Club-Szene in Europa ist. Eine Bar reiht an die nächste rund um einen ovalen Platz herum. Hier findet man alle möglichen Bars und jede hat ihre eigene Terrasse und Tanzfläche. Der Oude Markt ist definitiv ein must-see wenn man in Leuven ist, denn hier ist jeden Abend Party. Während Corona hatten die Bars natürlich zu und nur bei manchen konnte man Essen abholen. Seit dem 8. Mai hat allerdings alles wieder auf und es ist fast als gäbe es kein Corona mehr. Jedoch ist Feiern in Leuven relativ teuer, also jeden Abend kann man sich das nicht leisten.

Eine weitere Empfehlung sind die vielen Parks, die Leuven zu bieten hat. Es gibt sehr viele Grünflächen in der Stadt verteilt und meiner Meinung nach ist es die perfekte Mischung aus Stadt und Natur. Dadurch, dass Leuven so klein ist, kann man auch alles gut mit dem Fahrrad erreichen. Ansonsten gibt es auch gute Busverbindungen, die bis nachts fahren. Auto fahren würde ich nicht empfehlen, da immer viel Verkehr ist und Parken fast unmöglich ist.

Was das Einkaufen betrifft, hatte ich ja schon erwähnt, dass Belgien generell teurer ist. An Supermärkten gibt es auch Aldi und Lidl, die teilweise die gleichen Preise haben. Obst, Gemüse und Fleisch ist jedoch um einiges teurer. Der günstigste Supermarkt heißt Colruyt. Hier gibt es große Mengen für wenig Geld, was für einen alleine nicht unbedingt optimal ist, aber trotzdem immer noch günstiger ist, als der teure Carrefour. Bei Kleidung und sonstigen Geschäften unterscheidet sich Belgien nicht groß von Deutschland. Es gibt auch H&M, Pimkie oder Galeria Kaufhof. In Leuven gibt es zwei Haupt- Einkaufsstraßen und noch einige kleinere Gassen. Diese sind besonders am Wochenende gut besucht.

Was man ebenso zur Genüge in der Stadt findet, sind Restaurants und Cafés. Verhungern wird man da auf jeden Fall nicht und es ist für jeden Geschmack etwas dabei. Anders als in Bonn oder Remagen, wo man vereinzelt mal ein Restaurant findet, hat man hier immer direkt fünf nebeneinander und man kann sich eigentlich gar nicht entscheiden, welches man nun besuchen soll. In Belgien ist die Ess-Kultur etwas anders und die Leute gehen viel häufiger abends essen, als ich das von zu Hause kenne. Während Corona hat auch wirklich jedes Restaurant Essen ausgeliefert, weshalb es keine gab, die wegen Insolvenz schließen mussten.

Und nun abschließend noch ein paar Worte zum belgischen Bier: Es gibt eine riesen Auswahl, genau wie auch von der Schokolade. Jedes Bier ist besonders und hat einen einzigartigen Geschmack. Mein persönliches Lieblingsbier heißt Kasteel Rouge und ist ein Kirschbier mit 8% Alkohol. Unter 5% gibt es auch in Belgien kaum ein Bier, da wird man für ausgelacht.

In Leuven befindet sich zudem auch die Brauerei des berühmten Stella Artois-Biers, welche man besichtigen kann und auch eine Bierverkostung anbietet.

Da Belgien so klein ist, kann man ganz einfach im Land umher reisen. Die Zugverbindungen sind super und man kann für wenig Geld von Leuven nach Brüssel, Antwerpen oder Brügge uvm. Auch ein Trip nach Holland lohnt sich. Maastricht oder Amsterdam sind definitiv ein ansprechendes Ziel. So habe ich meine Wochenenden gestalte, wenn gerade nichts für die Uni zu tun war. Es gab immer jemanden aus der internationalen Gruppe, der mit wollte und ich war nie allein.

Zusammenfassung

Abschließend kann ich sagen, dass Leuven und die UCLL als Erasmus-Platz eine super Entscheidung waren. Die kleine Stadt hat so viel zu bieten und es wird nie langweilig. Ich habe viele tolle Menschen aus den verschiedensten Ländern kennengelernt und habe so viele Erfahrungen sammeln können.

Auch wenn ich nur circa 2 Stunden von zu Hause entfernt war, ist es eine komplett andere Kultur mit einer zwar ähnlichen aber doch anderen Sprache und vielen tollen Eigenschaften.

Ich würde Leuven jedem empfehlen, der nach Corona ein richtiges Studenten-Leben erfahren möchte. Hier wird es definitiv immer etwas zu erleben geben und dank Erasmus konnte ich hier ein unvergessliches Auslandsemester verbringen