Gerrit Neugebauer in Portugal, Semester Abroad at the University of Coimbra

Motivation

Im Wintersemester 2021/2022 absolvierte ich mein Auslandssemester an der Faculdade de Economia (FEUC) in Coimbra, Portugal. Aufgrund meines Onkels, der schon viele Male in Portugal war und stets vom Land geschwärmt hatte, wollte ich das Land gerne für einen längeren Zeitraum kennenlernen. Als ich dann im Zuge meiner Vorbereitung auf das Auslandssemester darauf aufmerksam wurde, dass die Hochschule Koblenz einige Partneruniversitäten in Portugal hat, war die Entscheidung für mich gefallen. Nun standen Porto und Coimbra zur Auswahl. Mein Erstwunsch war ehrlicherweise Porto. Dennoch bin ich im Nachhinein froh in Coimbra gelandet zu sein. Die Stadt ist für mich die Definition einer Studentenstadt und genau danach hatte ich gesucht.

Anreise

Da in der aktuellen Pandemie die Umstände etwas anders waren, möchte ich diese Erfahrungen in diesem Bericht nicht auslassen. Ich konnte problemlos per Flugzeug einreisen und bin von Bremen nach Porto geflogen. Ich musste meinen Impfnachweis vorzeigen und eine sogenannte Passenger Locator Card ausfüllen. Ein Flug nach Porto dauert rund 3 Stunden. Von dort aus gibt es Zugverbindungen oder auch eine FlixBus-Verbindung direkt nach Coimbra. Auch von Lissabon gibt es eine direkte Zugverbindung. Allgemein ist der öffentliche Nahverkehr in Portugal gut ausgebaut.

Wohnen

Eine Wohnung findet man in Coimbra ohne Probleme. Da es sich um die Studentenstadt schlechthin in Portugal mit circa 25.000 Studierenden handelt, gibt es zahlreiche Angebote. Ein WG-Zimmer liegt preislich bei etwa 200-300€. Wer ein eigenes Apartment möchte, zahlt ca. 300-450€ im Monat. Am besten informiert man sich im Vorhinein über die Lage, sodass man eine Wohnung in der Nähe der Fakultät findet. Auf Seiten wie uniplaces.com oder inlifeportugal.com gibt es viele Wohnungs-Angebote, wo man auch gleich die Wohnung/das Zimmer online buchen kann. Es gibt aber auch viele Aushänge an den Straßen vor den Wohnungen. Ich habe in einer Wohnung mit 15 anderen Studenten, die größtenteils Erasmus Studenten waren, gelebt. Wir hatten alle unsere eigenen Zimmer, aber Gemeinschaftsbäder, -räume und -küchen. Für mich war diese Wohnung die perfekte Wahl. Vom ersten Tag an hatte ich Menschen, mit denen ich viel Zeit verbracht habe und die zu guten Freunden geworden sind. Die Faculdade de Economia hat einen kleinen Campus und liegt auf dem Berg. Der beliebteste Platz der Studenten, der „Praça da Republica“, ist nicht allzu weit entfernt. Dort gibt es zahlreiche Bars, Restaurants und Veranstaltungen. Auf diesem Platz ist jeden Abend etwas los und es ist der perfekte Ort, um neue Leute kennen zu lernen.

Finanzen

Generell ist das Leben in Portugal etwas günstiger als in Deutschland. Die Kosten für eine Wohnung habe ich oben schon erwähnt. Ansonsten kommt man locker mit 50€ pro Woche für Essen aus, wenn man nicht auswärts isst. Durch die niedrigeren Preise kann man aber durchaus öfter essen gehen. Die vielen kleinen portugiesischen Restaurants, die Tasquinhas genannt werden, bieten für kleines Geld ausgezeichnete Küche. Vor allem Getränke sind hier auswärts günstiger. So kostet ein Caneca (0,5 Liter Bier) meist nur 2,50 €. Hinzu kommt dann noch Budget für Ausflüge, was natürlich ganz von deiner Reiselust abhängt. Für Städtereisen kann man FlixBus empfehlen. Die Busse fahren zuverlässig und sind sehr günstig. Mietwagen sind aber ebenfalls sehr günstig in Portugal. Eine Erasmus Förderung habe ich in Höhe von 390€ pro Monat erhalten.  

Vorbereitung & Ankunft & Formalitäten 

Nach der Annahme des Platzes bekommt man eine E-Mail mit der Aufforderung, sich im Portal „Inforestudante“ anzumelden. Dieses ist vergleichbar mit MyStudy und OLAT. Dort gibt man seine Daten ein, wählt ein Foto für den Studentenausweis aus und trägt seine vorläufige Kurswahl ein. Die Anmeldung wird zunächst geprüft und dann erhält man eine Bestätigung. Im Portal erhält man dann auch sein vorläufiges Learning Agreement und alle wichtigen Dokumente. Wenn man Fragen hat, kann man sich auch direkt per E-Mail an das International-Office der FEUC wenden. Es kann manchmal etwas dauern, bis man eine Rückmeldung erhält. Im Endeffekt wird aber immer alles erledigt. Nach der Ankunft muss man einen Termin für die Begrüßungssession ausmachen. Den Termin bucht man über Inforestudante. Dort bekommt man eine Einführung und es werden alle weiteren Formalitäten erklärt. Es wird ebenfalls wird erklärt, wie man seine Kurswahl nachträglich ändern kann. Ebenfalls werden die Studentenausweise verteilt. Im Anschluss muss jeder Student online in Inforestudante 20€ für eine Krankenversicherung bezahlen (geht z.B. per PayPal). Zusätzlich muss man sich im Citizen Shop der Stadt registrieren, da man ja länger als 3 Monate in Portugal bleibt. Für die Registrierung werden 15€ fällig. 

Campusleben & Kursauswahl 

Die Faculdade de Economia ist klein und übersichtlich. Es gibt ein Hauptgebäude wo die Vorlesungen stattfinden. Zusätzlich gibt es eine Bibliothek, bei der man sich Bücher ausleihen konnte. In der Nähe gibt es auch eine Mensa, in der Studenten mittags essen können. Die Mensen sind sehr zu empfehlen. Ein Mittagsmenü kostet dort nur 2,40€ und das Essen ist gut. Während meines Aufenthaltes hatte ich durchgehend Präsenzunterricht. Die Professoren waren alle sehr hilfsbereit und man konnte jederzeit per Mail Fragen stellen. Die Klausuren wurden auch im selben Gebäude geschrieben. Anfang Januar startete die Klausuren Phase. Außerdem gab es Nachschreibeklausuren Ende Januar, für alle, die die erste Klausur nicht bestanden haben. In manchen Fächern gibt es auch eine Ongoing Evaluation anstatt einer Klausur oder die Ausarbeitung einer Hausarbeit oder Präsentation während des Semesters in Verbindung mit einer Klausur. Ich für meinen Teil hatte nur Ongoing Evaluations. Deshalb war ich noch vor Weihnachten mit meinen Prüfungsleistungen fertig. Von Anfang September an konnten alle Veranstaltungen des Erasmus Network Coimbra (ESN) stattfinden und die ESN-Partys und -Ausflüge waren stets absolute Highlights. Es lohnt sich also zu diesen hinzugehen und für kleines Geld bekommt man großartige Erlebnisse. Gerade während des „Welcome Month“ im September gab es fast täglich Events. 

Leben in Portugal & Freizeit 

In der Freizeit gibt es einiges zu sehen. Allein in Coimbra gibt es einige Sehenswürdigkeiten, z.B. die alte Universität, den Botanischen Garten, die Altstadt und den Fluss Mondego. Die Stadt hat sehr viele Facetten. Dadurch dass sehr viele Studenten in Coimbra leben, hat die Stadt ein sehr lebendiges Nachtleben. Dieses spielt sich rund um den Praça da Republica ab. Coimbra bot für mich eine perfekte Kombination aus Kulturevents und Partys. Ein besonderes Highlight war das Bierfest Queima das Fitas. Dieses findet eigentlich im Mai statt, wurde aufgrund der Pandemie aber auf den Oktober verschoben. Während dieser Zeit ist die Stadt für eine Woche im Ausnahmezustand. Ich empfehle euch, guckt euch einige YouTube Videos an und ihr wollt definitiv Teil des Fests sein. Die Westküste mit dem Surferhotspot Nazaré und weiteren schönen Städten ist ebenfalls sehr sehenswert. Diese erreicht man auch in unter einer Stunde mit dem Auto. Aveiro, eine Stadt sehr nah an Coimbra ist durchaus einen Tagesausflug wert. Sie wird auch als Venedig von Portugal bezeichnet. Auch Porto und Lissabon, die beiden größten Städte sind unglaublich schön und bieten einiges an Sehenswürdigkeiten. Besonders Porto hat mir gut gefallen. Eine Hafenstadt, die wirklich alles hat. Dort sollte man unbedingt Francesinha essen und Portwein trinken. Was man sich auch auf keinen Fall entgehen lassen sollte, wenn man reisen möchte, ist die Algarve (Südküste). Diese bietet superschöne Strände, Natur und kleine Fischerdörfer. Auch gibt es einige Nationalparks und Städte im Landesinneren, die durchaus sehenswert sind. Ein bekannter Nationalpark ist die Serra da Estrela. Zur Mentalität der Portugiesen kann man sagen, dass sie sehr gelassen und eher zurückhaltend, aber nett sind. Das Leben wirkt ein wenig entschleunigt hier und die Portugiesen wissen, wie man das Leben genießt. Die meisten Portugiesen sprechen englisch, vor allem im Süden des Landes. Den Sprachkurs an der Universität kann man belegen, muss man aber nicht. Er vermittelt einige Grundlagen, aber um Portugiesisch zu lernen, reicht ein Semester nicht aus. Abschließend kann man auch noch das Wetter erwähnen. So sind es selbst im Winter nie unter 10-15 Grad. Im September und Oktober ist immer noch sehr schönes Wetter. Im September sind 30 Grad keine Seltenheit. Oktober und November sind dann schon etwas kälter, aber oftmals bleibt die Temperatur noch über 20 Grad. 

Fazit

Zusammenfassend kann man sagen, dass Coimbra eine sehr schöne und traditionsreiche Stadt ist, die ich als Ort für ein Auslandssemester nur empfehlen kann. In Coimbra gibt es gleichzeitig Tradition zum Anfassen und viele Partynächte. Es gibt zahlreiche Aktivitäten und ausreichend andere Studierende, mit denen man etwas unternehmen kann. Durch die zentrale Lage der Stadt kann man auch im Umfeld sehr viel erkunden. Zudem lernt man eine neue Sprache und Kultur kennen. Die Temperaturen sind warm und ein Semester in Portugal ist im Vergleich zu Deutschland auch deutlich günstiger. Portugal ist für jeden von Corona-Wintern gestressten deutschen Studierenden das perfekte Land für eine Auszeit. Das Land, die Leute und das Klima sind einmalig.