Christiane Richter at Baku University

Ich habe mein Auslandsemester an der Azerbaijan University in Baku absolviert. Als ich mich für Aserbaidschan entschieden hatte, wurde ich von allen Seiten vor allem mit diesen Fragen konfrontiert: Wo ist denn Aserbaidschan? warum willst du dahin? und ist das nicht gefährlich dort?
Kurz gesagt, ich habe mich für dieses Land zwischen Russland, Georgien und Iran entschieden, weil ich eine neue Kultur kennenlernen wollte, von der ich nicht viel weiß und die viele Überraschungen für mich bereit hält. Zudem wollte ich in ein Land, in dem ich mir, gerade als Alleinreisende, keine Gedanken über Sicherheit machen muss. 

Als ich dann endlich in Baku ankam, war ich sehr erstaunt, wie unterschiedlich diese Nationalität von der unseren ist. Die einzigen Gemeinsamkeiten auf den ersten Blick waren ziemlich viele Dönerbuden und viele deutsche Autos auf den Straßen. Mich hat es sofort fasziniert, wie sehr sich meine Vorstellungen von der Russischen, Türkischen und Persischen Kultur hier im Alltag wiederspiegeln: überall findet man große, sehr einfache Hochhäuser, Sowjetautos und Samoware aber auch an jeder Ecke Teestuben und Shisha-lokale, orientalische Teppichläden.
 

Eine große Herausforderung war die Sprache. Englisch verstehen meist nur die jungen Leute und am Anfang fiel es mir echt schwer, mich im Alltag durchzuschlagen. Hauptsächlich spricht man hier Azeri, aber Russisch wird auch überall verstanden. Die ersten zwei Monate waren diesbezüglich nicht ganz einfach, aber danach hatte ich das Vokabular, um zumindest das nötigste im Alltag zu meistern. Man kann in beiden Sprachen einfach und preiswert Unterricht bekommen. Ich habe hauptsächlich Russisch bei einer Privaten Lehrerin gelernt, die mir durch den Unterricht viele Eigenheiten und Traditionen, aber auch Denkweisen der Aserbaidschaner nahegebracht hat. 

Trotz der Sprachbarrieren war ich von der Gastfreundschaft der Menschen hier hin und weg. Schon gleich am Anfang wurde ich von Kommilitonen und Nachbarn zum Essen nach Hause eingeladen, mir wurde die Stadt gezeigt und Hilfe in allen Situationen angeboten
 

Mein Unialltag war auch jedes Mal ein Erlebnis für sich. Meine Uni war relativ klein und in den Vorlesungen waren wir selten mehr als 20 Leute. Offiziell fand die Vorlesung auf Englisch statt. Einige meiner Kommilitonen hatten jedoch erst an der der Uni angefangen, richtig Englisch zu lernen und hatten deswegen oft Schwierigkeiten mitzukommen. Dafür hatten die Dozenten Verständnis und haben oft alles noch einmal auf Aserbaidschanisch wiederholt, damit alle verstehen, um was es geht. 

Was ein jedoch ziemlich anders ist als bei uns, ist das Leben der jungen Leute und Studenten. Fast alle leben bei ihren Eltern, bis sie heiraten. Frauen und Mädchen werden oft von ihren Familien sehr beschützt und müssen abends meist schon um 9 oder 10 zu Hause sein. Deswegen wurde ich oft sehr kritisch gefragt, wie es meine Eltern denn erlauben könnten, dass ich alleine in ein fremdes Land fahre. Auch aus diesem Grund gab es bei mir eher weniger das typische „campusleben“ wie man es sich vorstellt. Dafür trifft man sich eher zu Teetrinken mit den Kommilitonen oder eben zuhause. 
Außerhalb der Uni konnte ich vor allem durch die Hilfe des DAAD schnell Kontakte zu anderen Deutschen und Europäern in Baku knüpfen und einen weiteren Freundeskreis aufbauen.
 

Ein weiterer interessanter Fakt ist, dass Baku, als einzige Großstadt des Landes, ziemlich anders ist, als der Rest Aserbaidschans. Der ist ziemlich ländlich und hat vor allem Wüste, Berge, Strand und Schlammvulkane zu bieten. Ich habe oft an den Wochenenden an organisierten Touren teilgenommen oder selbst Ausflüge organisiert.

Kurzum, Aserbaidschan hat mich trotz aller Eigenheiten sehr beeindruckt und ich kann es jedem als Zielland empfehlen, der Herausforderungen liebt und bereit ist sich auf etwas ganz neues einzulassen. Es ist durchaus hilfreich in Voraus ein paar Brocken Russisch oder Aserbaidschanisch zu lernen und sich im Voraus, z.B. beim DAAD oder auf Facebook zu informieren und mit anderen Deutschen vor Ort Kontakt aufzunehmen.