Abschluss der Vortragsreihe Profile der Architektur: Podiumsdiskussion Obdachlosigkeit & Architektur

21.03.2024

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KOBLENZ. Die Fachrichtung Architektur der Hochschule Koblenz hat erneut zur Vortragsreihe „Profile der Architektur“ eingeladen. In jedem Semester liegt der Fokus der Reihe auf einem anderen Themenschwerpunkt. Im letzten Wintersemester ging es um das Thema „Obdachlosigkeit und Architektur.“ Die Vortragsreihe beleuchtete die drängende Thematik der Obdachlosigkeit aus architektonischer Perspektive. Im März wurde die Reihe mit einer Podiumsdiskussion abgeschlossen. Die Vortragsreihe richtete sich besonders an die angehenden Architektinnen und Architekten mit dem Ziel, sie bereits während ihres Studiums für das Thema der Wohnungs- und Obdachlosigkeit zu sensibilisieren.

  • Schriftzug Profile der Architektur mit orange-weißem skizzierten Haus


Als stellvertretender Leiter der Fachberatungsstelle für Menschen ohne Wohnung in der Neustadt 20 berichtete Julian Sommer vom Caritasverband Koblenz über die umfangreichen ambulanten Hilfsangebote des Verbands, die vom Tagesaufenthalt, über vielzählige Beratungsangebote bis hin zur täglichen Straßensozialarbeit am Koblenzer Hauptbahnhof reichen. Herr Sommer stellte eine aktuelle Statistik seiner Einrichtung vor, die zeigte, dass die Angebote sehr stark nachgefragt werden. „Wir müssen die Hilfsangebote und Wohnprogramme dringend weiter ausbauen, die Zahlen der hilfesuchenden Menschen steigen zunehmend, auch in Koblenz. Dafür braucht es vor allem gesamtgesellschaftlichen Willen und eine Verantwortungsgemeinschaft, sowie politische Rahmenbedingungen mit einer langfristig gesicherten Finanzierung.“ So die Einschätzung Herrn Sommers zum Aufruf des EU-Parlaments, Obdachlosigkeit bis zum Jahr 2030 zu beenden.

Dennis Lehmann und Dennis Faßbender vom AWO Kreisverband Koblenz-Stadt e.V. berichteten über verschiedene Ansätze, wohnungslose Menschen wieder in gesicherte Mietverträge zu bringen. „Unser Angebot richtet sich vor allem an diejenigen Menschen, die geregelte Strukturen brauchen, um wieder einen selbständigen Alltag führen zu können“ so Lehmann, Leiter des Sophie-Schwarzkopf-Hauses, einem Wohnheim für wohnungslose Menschen. Dort stehen 11 möblierte Einzelzimmer sowie vier Außenwohngruppen für Männer und Frauen zur Verfügung. Es gibt darüber hinaus ein umfangreiches Beratungsangebot und auch die Möglichkeit, in der eigenen Holzwerkstatt oder im Unikate Kaufhaus zu arbeiten. Um hier wohnen zu können, wird eine Bereitschaft zur Mitwirkung erwartet und es gibt strenge Regeln, besonders in Bezug auf den Konsum von Alkohol und Drogen. Daneben berichtete Faßbender von dem Pilotprojekt Housing First, ein Ansatz der bedingungslosen Wohnungssicherung, der in den 90er Jahren in New York entwickelt wurde. „Das Projekt ist im April 2023 gestartet und wir haben mittlerweile sechs Menschen in eine Wohnung mit eigenem Mietvertrag bringen können. Zwei weitere sind auf der Warteliste, hierzu fehlen uns allerdings noch die Unterkünfte“ so Faßbender über den aktuellen Stand des Projektes, das aktuell auf drei Jahre angelegt ist.  

Ebenfalls auf dem Podium sprach Prof. Ulof Rückert, Prodekan des Fachbereichs bauen-kunst-werkstoffe der Hochschule Koblenz. Er hat im Wintersemester eine Masterthesis für einen Entwurf eines Obdachlosen- und Studierendenwohnheims betreut. „Während der Bearbeitung der Aufgabe ist zunehmend klar geworden, wie differenziert und sensibel hier geplant werden muss. Wenn wir über wohnungs- und obdachlose Menschen sprechen, sprechen wir von einer höchst vielschichtigen Gruppe mit sehr unterschiedlichen Bedürfnissen“ so Rückert. Wichtig ist ihm vor allem, seine Studierenden für die Thematik zu sensibilisieren und ihnen zu vermitteln, welche gesellschaftliche und soziale Verantwortung die Disziplin der Architektur trägt. „Zur Beendigung von Obdachlosigkeit müssen natürlich Lösungen auf politischer und Ebene gefunden werden. Dennoch kann auch die Architektur eine wichtige Rolle spielen, denn sensibel geplante und gut funktionierende Räume können die Lebensqualität von Betroffenen maßgeblich verbessern“ so Rückert zusammenfassend.

Lara Thum, Mewes Wilken und Fabio Brischle stellten die Ergebnisse ihrer Bedarfsermittlung zu Kälteschutzräumen in Koblenz vor. Die drei Studierenden der Sozialen Arbeit der Hochschule Koblenz haben die Arbeit auf eigene Initiative konzipiert und durchgeführt. „Wir haben klare Defizite in den bestehenden Schlafunterkünften festgestellt und dass es vor allem an barrierefreien Räumen für Menschen mit körperlicher Behinderung und für Menschen mit Suchterkrankung, sowie an Räumen für Menschen mit Hund fehlt“ reflektiert Lara Thum die wichtigsten Ergebnisse der Forschungsarbeit.

Mit einem gut gefüllten Auditorium ist die Veranstaltung auf großes Interesse gestoßen. Das Publikum stellte zahlreiche Fragen und diskutierte konstruktiv mit den Podiumsgästen. „Wir sind dankbar für ein gelungenes, intensives und lehrreiches Semester. Auch das große Interesse und die Aufgeschlossenheit aller Beteiligten hat uns sehr gefreut“ resümiert Rückert zum Abschluss der Vortragsreihe.

Weitere Informationen zur Vortragsreihe sind unter www.hs-koblenz.de/architektur/profile-der-architektur abrufbar.