Entwicklungspolitisch engagiert: Studierende der Architektur entwerfen eine „Kirche für Boboyo“

Bei den Themen Dämmung und klimagerechtes Bauen steht in Mitteleuropa der energie- und kostensparende Schutz gegen eisige Wintertemperaturen klar im Vordergrund. Doch welche Architektur schützt gegen Hitze, vor allem wenn die finanziellen und materiellen Möglichkeiten sehr eingeschränkt sind? Dieser Frage widmeten sich Studierende der Hochschule Koblenz und der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen – für einen guten Zweck: Dem in der Sahelzone gelegenen Dorf Boboyo fehlt ein gesellschaftliches und spirituelles Zentrum. Deshalb hatte die NGO ident.africa e.V. gemeinsam mit der Vereinten Evangelischen Mission einen Architekturwettbewerb ausgelobt, an dem sich insgesamt 48 Studentinnen und Studenten beteiligten.

  • Hintere Reihe: Coline Eysseric, Wendy Bochard, (beide RWTH Aachen), Johannes Blum, Jan Kubasta, Felix Jung (Hochschule Koblenz) Vordere Reihe: Marcel Kaul, Stephan Radtke, Sören Höller (Hochschule Koblenz)

Die Koordination des Wettbewerbes übernahmen Prof. Dipl.-Ing. Jo Ruoff, Professor für Bauphysik, Klimagerechte Architektur und Entwerfen an der Hochschule Koblenz, und Prof. Dr. Ing. Christian Raabe vom Lehr- und Forschungsgebiet Denkmalpflege und Historische Bauforschung an der RWTH Aachen.

Eine unabhängige Fachjury kürte nun bei einer feierlichen Veranstaltung in Aachen die besten Entwürfe. Drei erste Plätze wurden an das Team Jan Kubasta, Felix Jung, Johannes Blum und die Gruppe Sören Höller, Marcel Kaul und Stephan Radke von der Hochschule Koblenz sowie Coline Eysseric und Wendy Bochard von der RWTH Aachen vergeben. Den Prämierten winkt ein besonderer Preis: Sie dürfen nach Kamerun reisen, um dort ihre Entwürfe vorzustellen. Es besteht die Chance, dass einer der Entwürfe sogar umgesetzt wird.

„Der Norden Kameruns ist eine arme Gegend mit einer interessanten „autochthonen“ Baukultur in der das Wissen um eine klimagerechte Bauweise von Generation zu Generation weitergegeben wird. Interessant ist dabei, welch raffinierte Konstruktionen zum Schutz vor der Hitze dabei entstanden sind – ganz ohne teure Klimaanlagen“, erklärt Ruoff, der die Studierenden der Hochschule Koblenz auf den Wettbewerb vorbereitet hat. Ziel seines Seminars war auch, durch die ungewohnt gegensätzlichen Voraussetzungen dieses Projekts gewohnte Denkmuster zu hinterfragen und von den Techniken der Kameruner auch etwas für den Bau in hiesigen Breitengraden zu lernen. Zunächst mussten sich die Studierenden aber grundlegende Kenntnisse über die klimatischen, gesellschaftlichen und baukonstruktiven Erfordernisse für das Bauen in dieser Region erwerben.

Lehm, Stroh, Gräser, Holz – die Beschränkung auf diese vor Ort oder regional verfügbaren Materialien war für die angehenden Architektinnen und Architekten eine große Herausforderung. „Der besondere Reiz liegt darin, diese traditionellen Materialien und Bauweisen in eine zeitgemäße Gestalt zu transportieren“, so Ruoff, „denn eine ansprechende, innovative Architektur ist für die Einwohner Boboyos ebenso ein wichtiges Kriterium wie die multifunktionale Nutzung der Räumlichkeiten.“ Ob die kreativen Ideen der Studierenden bei den Bewohnerinnen und Bewohnern des kamerunischen Dorfes Anklang finden werden? Man darf gespannt sein.