RAClerInnen im Ehrenamt: Teil 5 mit Tobias Messerschmidt

23.12.2019

Sportmanagement ist sehr vielseitig, ebenso wie die ehrenamtlichen Tätigkeiten im Sport. In den kommenden Wochen möchten wir euch verschiedene RAClerInnen mit ihren Sporarten, ehrenamtlichen Engagement und Erfahrungen in unserer Reihe „RAClerInnen im Ehrenamt“ vorstellen. Wir möchten euch Einblicke in das wichtige Feld Ehrenamt geben und die Personen, die das Ehrenamt bekleiden, vorstellen. Unser fünftes Interview haben wir mit Tobias Messerschmidt (Vorstand TV 1877 Mannheim-Waldhof) geführt. Tobias berichtet über seine Herausforderungen in seiner Tätigkeit als Vorstand und die Ansätze seines Vereins, neue Ehrenamtler*Innen zu rekrutieren.

  • Tobias Messerschmidt Ehrenamt

Lasse: Hallo Tobias, vielen Dank, dass du dir heute die Zeit nimmst, meine Fragen zu beantworten. Bitte stelle dich kurz vor. Woher kommst du, was machst du aktuell (Studium, Praktikum, Beruf o. ä, )?


Tobias: Hi, ich bin Tobias Messerschmidt, bin 26 Jahre alt, komme gebürtig aus Mainz. Aktuell bin ich Vorstand beim TV 1877 Mannheim-Waldhof, einem der größten Vereine der Region. Das ist Ehrenamt. Hauptamt ist noch unbesetzt, da ich mich gerade nach dem Abschluss im Sommer in der Bewerbungsphase befinde.


Lasse: Das klingt interessant. Seit wann bekleidest du die Vorstandsposition schon?


Tobias: Seit dem Frühjahr 2019. Ich kam als Pflichtpraktikant im Februar 2018 in den Verein, hatte dann ein halbes Jahr einen Werkstudentenvertrag, während ich im Verein meine Abschlussarbeit geschrieben habe und bin dann dieses Frühjahr ernannt worden.


Lasse: Rasanter Aufstieg! Bevor wir weiter auf dein Ehrenamt eingehen, würde ich gerne noch nach deiner Sportart fragen und wie du dazu gekommen bist?


Tobias: Ich bin Fußballer bzw. war es mittlerweile. Ich habe mit drei Jahren angefangen und es hat mir am Ende von allen Sportarten, die ich probiert habe, den meisten Spaß gemacht. Und es war gut so. 


Lasse: Warum war es gut so?


Tobias: Weil ich nicht glaube, im Verhältnis zu den aktiv Sporttreibenden, dass ich woanders mehr „Erfolg“ gehabt hätte. Und alle Momente auf und neben dem Platz will ich im Nachgang nicht missen. 


Lasse: Was zeichnet denn Fußball für dich aus bzw. unterscheidet es von anderen Sportarten wie Basketball, Handball etc. ? 


Tobias: Die Einfachheit und Chancengleichheit. Einfachheit gerade zu meiner Zeit als Kind und Jugendlicher. Ball, Tor und los. Das ist wie oft propagiert wird (nicht zu Unrecht) ein einfaches Spiel. Und eines wo egal wie groß und stark und schnell du bist, jeder seinen Platz finden kann. 


Lasse: Du hast eben schon gesagt, dass du ehrenamtlich in Form deiner Vorstandsposition engagiert bist. Wie bist du dazu gekommen? Gerade in der doch kurzen Zeit? 


Tobias: Ich war immer im Verein engagiert. Mit knapp 13 Jahren habe ich als Coach der Bambini angefangen und bin so über Etappen bis heute im Vorstand gelandet. Mich interessiert Vereinsleben sehr, ich sehe da viele Chancen etwas zu bewegen, wenn man sich müht. Sportverein wird heute in meiner Wahrnehmung viel weniger gelebt als vor 10,20,30 Jahren, das ist ein Trend. Ich möchte dem aber in meinem Verein entgegenwirken. Zudem ist das Studium Sportmanagement ja eigentlich prädestiniert, um so eine Tätigkeit auszuüben. Und das ich die Position jetzt inne habe war im Prinzip so ein „Klassiker“: Zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Das Praktikum war im Prinzip meine "Bewerbung". So habe ich die Chance in meinem vergleichsweise jungen Alter bekommen, mich für diese Position zu empfehlen. 


Lasse: Guter Ansatz, das Vereinsleben ist wirklich nicht mehr mit dem zu vergleichen, wie es einmal war. Kannst du dir erklären, wo die Gründe darin liegen? 


Tobias: Schwierig, da muss ich etwas ausholen. Persönlich sehe ich in meinem Umfeld, bzw. der heutigen Jugend, den größten Unterschied darin, dass man sich nicht mehr festlegen und bekennen möchte zu festen Abläufen und Terminen. Früher, also beispielsweise in meiner Jugendzeit, war Verein, unabhängig von der Sportart, das Highlight. Training ausfallen lassen? Niemals. Man könnte etwas verpassen! Und jeder wusste um die Wichtigkeit. Es gab allerdings, für mich ein wesentlicher Punkt, auch weniger Alternativen. Heute haben 10 Jährige ein moderneres Smartphone als ich, schauen Netflix und Co. und haben oft auch einfach keine Lust rauszugehen, schon gar nicht wenn es mal nass und kalt ist. Und das kann den Sportverein mittel- bis langfristig kaputt machen oder ihn zumindest in Bedrängnis bringen. Zusätzliche Alternativen sind das Eine, die für mich subjektiv erkennbare Vermeidung Verantwortung zu übernehmen ist das Zweite. Wenn man sich auf die Gewinnung von Ehrenamtliche bezieht. Da sehe ich im Vergleich zu meinem Jahrgang und denen davor krasse Unterschiede. Und, aktuelles Thema bei mir im Verein, die Ganztagsschule. Kinder werden bis 16-17 Uhr in den Schulen "beschäftigt" und haben danach oft keine Zeit und Kraft mehr, in den Sportverein zu kommen. Und das merken wir gerade sehr. Ab 5-6 Jahren brechen die Kinder weg und kommen selten wieder. 


Lasse: Bin ich voll deiner Meinung. Das habe ich damals auch anders erlebt und vor allem gelebt. Zurück zur nächsten Frage: Wie sorgt ihr bzw. du im Verein dafür neue Ehrenamtliche zu gewinnen? 


Tobias: Das ist das große Problem oder die große Aufgabe. Wir sind gerade mitten in dem Prozess. Wir sind im Schnitt bei den Abteilungsleitern und Funktionsträgern knapp 65 Jahre alt. Da ist für unsere 14 Abteilungen wichtig, dass junge Menschen gewonnen werden. Weil der Sportbetrieb endet, sobald niemand übernimmt. Aktuell bilden wir viele Leute aus. Die Vereinskinder, die in ein jugendliches Alter kommen, werden gerade sehr aktiv von mir betreut und eingebunden. Meine Philosophie ist diese mit 13,14,15 Jahren an den Verein zu binden und Perspektiven aufzuzeigen. Wenn sie Wertschätzung spüren und Verantwortung übernehmen dürfen, gleichzeitig die Rückendeckung des Vereins wahrnehmen, können da wertvolle Übungsleiter heranwachsen. Das ist ein Weg. Ansonsten haben wir mit ca. 1000 Kindern auch viele junge Eltern, die gerne etwas tun möchten. Wir sprechen da auch Mitglieder an, die wir uns vorstellen können. Und da unser Vereinsgelände, das fand ich von Tag eins an, sehr beeindruckend und groß ist, lockt man auch einfacher Leute zu uns. Das Augenmerk liegt ganz klar darauf, die Sportabteilungen langfristig aufzustellen: Nachfolger in der Abteilung rechtzeitig suchen, einbinden, fortbilden und als Hauptverein Wertschätzung zeigen. Das ist der theoretische Weg, die Umsetzung weitaus schwieriger. 


Lasse: Bei der Aufgabe wünsche ich euch viel Erfolg! Ich danke dir für deine ausführlichen und interessanten Antworten! 


Tobias: Danke Dir!