Digitales Shop Floor Management mit Standardsoftware

Digitales Shopfloor Management mit Standardsoftware

Die Realisierung des digitalen Shopfloor Managements mit Hilfe von speziellen Portallösungen scheint also selbst für größere Unternehmen eine gewisse Hürde darzustellen. Für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) kommen diese aufwändigen und teuren Lösungen in der Regel gar nicht in Frage. Um auch diesen Unternehmen die Möglichkeit zu bieten, einen Großteil der Anforderungen an ein digitales Shopfloor Management mit einfacheren Mitteln umzusetzen, lassen sich Ansätze auf der Basis von Standardsoftware implementieren. Im Rahmen des Angebotes von Microsoft beispielsweise lassen sich mit meist bereits im Unternehmen vorhandener Software viele Bereiche des digitalen Shopfloor Managements umsetzen. So bietet etwa Microsoft mit seinem SharePoint ein Portal, über das Daten aus Excel, aber auch aus ERP-Systemen über entsprechende Schnittstellen importiert werden können. Diese Daten lassen sich über Power BI, das interaktive Tool zur Datenvisualisierung von Microsoft, zusammenführen, filtern und grafisch aufbereiten. Die Daten stehen dadurch unternehmensweit, auch standortübergreifend, an Smartboards oder Tablets zur Verfügung. Über den Sharepoint können die Daten mit Hilfe von angelegten persönlichen Seiten und festgelegten Aktivitäten individuell bearbeitet und analysiert werden. So hat jeder Mitarbeiter Zugriff auf die Daten, die für ihn oder sie relevant sind. Bei regelmäßigen Besprechungen auf dem Shopfloor lassen sich die Daten am Board stets aktuell und thematisch passend zusammengestellt abrufen.

 

Digitales Shopfloor Management in der Modellfabrik

Die Modellfabrik der Hochschule Koblenz ist ein betriebswirtschaftliches Labor im Fachbereich Wirtschaftswissenschaften. Hier können anhand modellhafter Wertschöpfungsketten im Miniaturformat Geschäftsprozesse mit diversen Planspielen simuliert und greifbar gemacht werden (Abbildung 3). Moderne IT-Systeme wie ERP-Systeme oder statistische Software unterstützen die Simulation und Reflexion der Prozesse.

Die Einführung des digitalen Shopfloor Managements wurde in der Modellfabrik auf der Basis von Microsoft-Produkten realisiert. Im Rahmen von Planspielen mit Studierenden werden in den simulierten Geschäftsprozessen der Modellfabrik Kennzahlen erhoben. Beispielhaft seien hier Kennzahlen wie Durchlaufzeiten, Ausschussquoten, Lagerdauer oder Qualitätskennzahlen genannt. Diese Kennzahlen finden ihren Eingang in entsprechende Excel-Tabellen. Die automatische Übernahme von Daten aus dem ERP-System der Modellfabrik ist ebenfalls möglich, ebenso die statistische Auswertung der Produktionsdaten mit Hilfe von statistischer Software.

Wenn während der Produktion Probleme auftreten, können diese direkt an Ort und Stelle mobil über Handy oder Tablet in das Online-Portal des SharePoints eingetragen werden. So sind die Meldungen automatisch für alle Betroffenen verfügbar, damit zeitnah eine Lösung angestrebt werden kann. Im Rahmen der Planspiele der Modellfabrik kann ein auftretendes Problem beispielsweise eine defekte Gitterbox sein, wodurch der Materialfluss der Zulieferteile gestört wird. Der Austausch oder die Reparatur der defekten Box kann nach der Meldung über das System zügig erfolgen, so dass die Produktion im Anschluss daran wieder anlaufen kann.

Die Analyse der Excel-Tabellen erfolgt über das Datenauswertungstool Power BI. Dadurch können die Kennzahlen grafisch aufbereitet werden, so dass Trends oder Abweichungen einfach erkannt werden. Zwischen den einzelnen Durchläufen der Planspiele erfolgen Besprechungen aller Mitarbeiter und Führungskräfte am digitalen Shopfloor Board. Hier werden die erhobenen Kennzahlen analysiert und entsprechende Modifikationen der Prozesse im Planspiel angeregt, um Verbesserungen der Abläufe und eine Steigerung der Qualität zu erreichen. Durch die automatische Datenaktualisierung lassen sich die Auswirkungen der Entscheidungen unproblematisch schon nach kurzer Produktionszeit am Board nachvollziehen.

Insgesamt zeigt sich im Ansatz der Modellfabrik, dass ein vereinfachtes digitales Shopfloor Management mit seinen Kernaufgaben auch mit Standardsoftware umsetzbar ist. Die Möglichkeiten der digitalen Datenauswertung und zentralen Speicherung sind in der Modellfabrik gegeben, außerdem der Online-Zugriff von verschiedenen Geräten und der Abruf der aktuellen und grafisch aufbereiteten Daten am Smartboard für die zentralen Besprechungen. Hinzu kommt, dass über die personalisierten Seiten des SharePoints die Bearbeitung der Kennzahlen sowie das Treffen von gezielten Maßnahmen durch die zuständigen Mitarbeiter koordiniert wird.

Gerade für kleine und mittlere Unternehmen bietet sich eine Lösung des digitalen Shopfloor Managements auf der Basis von Standardsoftware an. So können sie die Vorteile der Digitalisierung nutzen, ohne dabei mit großem Aufwand Software-Insellösungen zu schaffen, welche für den Anwendungsfall in einem Unternehmen dieser Größe nicht verhältnismäßig sind.