Für wen ist dieser Text?

Dieser Text enthält Informationen und Tipps für Personen, die

  • bereits ein zur Promotion berechtigendes Studium abgeschlossen haben
  • bereits eine Promotion abgeschlossen haben
  • über Berufserfahrung verfügen, die bisher die Anforderungen für eine HAW-Professur noch nicht vollumfänglich erfüllt,
  • und bisher noch keine Lehrerfahrung haben.

Ist das die Ausgangslage, zu der du Infos und Anregungen wünschst? Dann bist du hier genau richtig.

Mit einem abgeschlossenen Studium und einer abgeschlossenen Promotion erfüllst du bereits zwei der vier formalen Voraussetzungen für eine HAW-Professur. Außerdem hast du dich offenbar auch im Hinblick auf eine dritte Berufungsvoraussetzung auf den Weg gemacht, denn du bringst bereits Berufserfahrung mit. Die für die HAW-Professur festgelegten Anforderungen an die Berufserfahrung sind allerdings noch nicht vollumfänglich erfüllt. Reminder: Für die HAW-Professur werden mindestens 5 Jahre Berufserfahrung nach dem Studium benötigt, davon mindestens drei Jahre außerhalb des Hochschulbereichs. Deinen Angaben zufolge ist dies bei dir noch nicht der Fall.

Berufserfahrung: Was genau ist deine Ausgangslage?

Hast du nach dem Studium bereits mindestens drei Jahre außerhalb des Hochschulbereichs gearbeitet, kommst aber insgesamt noch nicht auf fünf Jahre? Dann könntest du, um die Berufungsvoraussetzung ‚Berufserfahrung‘ in den nächsten Jahren komplett zu erfüllen, sowohl außerhalb als auch innerhalb des Hochschulbereichs (weiter-)arbeiten.

Fehlt es dir hingegen noch an der hinreichenden Anzahl an Praxisjahren außerhalb der Hochschule, wäre es wichtig zu überlegen, wann du diese erlangen könntest.

Hier ein paar Überlegungen für beide Szenarien:

Fehlt dir noch außerhochschulische Praxis?

Wenn du aktuell im Hochschulbereich arbeitest und es dir noch an Berufserfahrung in der außerhochschulischen Praxis mangelt, könnte es helfen, wenn du dich fragst: Welche Chancen und welche Risiken wären für dich damit verbunden, von der Hochschule in die Praxis zu wechseln? Hast du eventuell Praxispartner im Auge, mit denen du bereits in deiner aktuellen Tätigkeit kooperierst? Oder andere interessante Arbeitgeber? Und welches außerhochschulische Arbeitsfeld und welche Position würde dich besonders gut für deine Wunsch-Professur qualifizieren? Wann würde ein Umbruch, wie es der Wechsel hinein in eine Berufstätigkeit außerhalb der Hochschule wäre, voraussichtlich gut in dein Leben passen? Welche Aspekte deines Lebens sollten bei der Planung möglicher Karriereschritte mit einbezogen werden? Und wie kannst du nach einem Wechsel in die Praxis den Kontakt in die Wissenschaftslandschaft aufrechterhalten? Vielleicht hast du ja aus deiner Promotionszeit noch guten Kontakt zu Professorinnen oder Professoren, mit denen du hin und wieder einen Fachartikel schreiben kannst, und du kannst weiterhin einschlägige Konferenzen besuchen. Oder hast du zusätzlich zu einer hauptberuflichen Tätigkeit in der Praxis vielleicht Zeit und Interesse, einen freiberuflichen Lehrauftrag (s. Glossar) an einer HAW anzunehmen? Wer könnte dich bei deinen sonstigen Aufgaben (z.B. zusätzliche Ämter und Funktionen im Beruf, (Sorge-)Arbeit zu Hause oder im Ehrenamt, ...) entlasten, damit Freiraum dafür entsteht? Oft finden sich auf den Websites von Hochschulen allgemeine Hinweise zu Lehraufträgen – für die Hochschule Koblenz zum Beispiel hier. Ansonsten kannst du bei den Sekretariaten der Fachbereiche oder Studiengänge, die dich Interessieren, oft entsprechende Informationen bekommen. Ein Lehrauftrag hätte den Vorteil, dass du damit auch schon an der noch fehlenden Berufungsvoraussetzung ‚pädagogische Eignung / Lehrerfahrung‘ arbeiten könntest.

Stehst du aktuell in der außerhochschulischen Praxis?

Wenn du anders herum aktuell in der außerhochschulischen Praxis arbeitest, aber insgesamt noch nicht genug Jahre an Berufserfahrung hast, arbeitet die Zeit schlichtweg für dich, wenn du diese Stelle fortführst und damit die Anzahl der geforderten Jahre, auch außerhalb der Hochschule, irgendwann erfüllst. Auch in diesem Fall stellt sich die Frage: Wie kannst du den Kontakt in die Wissenschaftslandschaft aufrechterhalten beziehungsweise (wieder-)herstellen? Auch du kannst den Kontakt zu deinen ‚Doktoreltern‘ oder zu anderen Professorinnen und Professoren nutzen oder durch die Teilnahme an wissenschaftlichen Fachtagungen und Konferenzen neue Kontakte zu HAWen und Universitäten aufbauen. Wenn du – auch mit Blick auf die gesetzlich festgelegten Voraussetzungen - genügend relevante Praxiserfahrung gesammelt hast, kannst du auch erwägen, dich als nächstes auf eine wissenschaftliche oder wissenschaftsnahe Stelle an einer Hochschule zu bewerben. Aber Achtung: Sollte es sich dabei um eine Hochschule handeln, an der du gerne später Professorin sein würdest, beachte bitte unbedingt die Regelungen zum Hausberufungsverbot (s. Glossar). Solltest du einen solchen Wechsel ernsthaft in Betracht ziehen, ist die Frage hilfreich: Wann würde ein Umbruch, wie es der Wechsel hinein in eine Berufstätigkeit im Hochschulbereich wäre, voraussichtlich gut in dein Leben passen? Hast du z.B. Familienaufgaben, so dass dies in die Planung möglicher Karriereschritte einbezogen werden sollte? Alternativ kannst du überlegen, ob du weiterhin hauptberuflich in der Praxis arbeiten, aber zusätzlich einen freiberuflichen Lehrauftrag an einer HAW oder Uni annehmen möchtest (zu diesem Thema schaue bitte im vorherigen Absatz nach).

Lehrerfahrung

Wenn du dann mit der Zeit deine Berufserfahrung so komplettiert hast, dass sie den Anforderungen für die HAW-Professur entspricht, hast du mit Studium, Promotion und Berufserfahrung schon drei der vier Berufungsvoraussetzungen in der Tasche. Es fehlen dann noch die Lehrerfahrung. Diese kannst du, wie oben beschrieben, zum Beispiel nebenberuflich als Lehrbeauftragte sammeln, oder auch hauptberuflich als Lehrkraft für besondere Aufgaben oder im Rahmen einer anderen Hochschul-Tätigkeit mit Lehranteil. Auch mit hochschuldidaktischen Weiterbildungen, die du als Mitarbeiterin einer Hochschule besuchen kannst, sowie anderer pädagogischer Erfahrung – wie dem haupt- oder ehrenamtlichen Leiten von Seminaren, einer beruflichen Tätigkeit als Ausbilderin oder betriebliche Betreuerin von Master-Studierenden o.Ä. – kannst du argumentieren, wenn es bei der Bewerbung auf eine HAW-Professur darum geht, deine pädagogische Eignung nachzuweisen.

Wir wünschen dir viel Glück und hilfreiche Unterstützerinnen und Unterstützer auf deinem Weg!

 

Bitte bedenke, dass diese Reflexionsfragen und Anregungen nur erste Impulse geben können. Formelle und informelle Regelungen, Gepflogenheiten, Bedarfe sowie ‚Do’s und ‚Don’t’s sind nicht nur Veränderungen unterworfen und unterscheiden sich teilweise von Bundesland zu Bundesland und von Hochschule zu Hochschule, sondern teilweise sogar von Fachbereich zu Fachbereich und von Professur zu Professur. Das klingt erst einmal verwirrend und ein bisschen ungewiss? Ja, finden wir auch. Aber es beinhaltet auch eine große Chance: Wenn du frühzeitig Netzwerke in die für dich interessante(n) Hochschule(n) knüpfst, wirst du zum Zeitpunkt deiner Bewerbung bereits eine Vorstellung von der ‚Hauskultur‘ dort haben und kannst dies in deiner Bewerbung berücksichtigen und damit möglicherweise eine Nasenlänge vor gleich qualifizierten Mitbewerberinnen und Mitbewerbern landen.