Interview Phil Maly

21.11.2019

Vor einiger Zeit haben wir Phil Maly (23), ein Sportmanager und Eisschnelläufer, zum Interview getroffen. Im Gespräch mit Marija Kurtes-Pejchar spricht Phil darüber, wie er zum Eisschnellaufen gekommen ist, über seine Zeit am Sportgymnasium in Erfurt, seiner Faszination für die Sportart Eisschnellaufen und vieles mehr.

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Marija Kurtes-Pejchar: Hallo Phil, bitte stelle Dich einmal vor. Wer bist du, woher kommst du, was machst du?


Phil Maly: Ich bin 23 Jahre und komme ursprünglich aus Crimmitschau in der Nähe von Zwickau in Sachsen. Ich habe als ich 7 oder 8 Jahre alt war angefangen das Eislaufen zu lernen, weil meine Eltern und mein Bruder früher auch Eisschnelläufer waren. Mein Bruder ist es auch heute noch. Deswegen bin ich dann auch mit 14 Jahren, also in der 9. Klasse, nach Erfurt auf das Sportgymnasium gewechselt. Die Möglichkeiten sind dort einfach besser, als den Sport selbst zu treiben. Ich war dann bis zu meinem Abitur Eisschnelläufer, auch in den Junioren-Nationalmannschaften (Kadersportler) und habe das recht erfolgreich betrieben. Also, ich bin auf jeden Fall zufrieden mit meiner Karriere (lacht).
Nach dem Abitur habe ich mich dann entschieden meinen Bachelor in Remagen zu machen, da es für mich persönlich die besten Möglichkeiten bietet Sportmanagement zu studieren. Ich war dann 2 Jahre in Remagen und ein halbes Jahr im Auslandssemester in Lahti, in Finnland. Mein Praktikum habe ich in Leipzig absolviert, wo ich dann auch anschließend meine Bachelor-Arbeit geschrieben habe. Jetzt arbeite ich nebenbei auch wieder als Übungsleiter und meine Freunde unterstütze ich ehrenamtlich bei ihren Websites und Facebook-Auftritten, also ein bisschen Öffentlichkeitsarbeit.


Marija Kurtes-Pejchar: Und deine Eltern waren auch Eisschnelläufer?


Phil Maly: Genau, meine Mutter war in Chemnitz auf dem Sportgymnasium zu DDR-Zeiten und mein Vater war auch Eisschnelläufer, durfte aber aus politischen Gründen nicht auf das Sportgymnasium gehen. Er ist dann Eisschnelllauf-Trainer geworden und hat Sportwissenschaft in Leipzig studiert.


Marija Kurtes-Pejchar: Eigentlich hast du damit meine nächste Frage schon beantwortet. Du hast die Sportart Eisschnellaufen in die Wiege gelegt bekommen von deinen Eltern, oder?


Phil Maly: Ja, genau. Meine Eltern haben das wie gesagt gemacht und dadurch haben sie eben auch Felix und mich auf das Eis gestellt. Uns hat es dann auch Spaß gemacht. Felix ist zwei Jahre älter als ich und ist als er 14 war als Erstes nach Erfurt gegangen und ich bin dann zwei Jahre später nachgekommen sozusagen (lacht). Marija Kurtes-Pejchar: Und wie habt ihr das dann immer gemacht? Eure Eltern habt ihr dann am Wochenende gesehen? Phil Maly: Ja, also am Anfang die ersten ein, zwei Jahre waren meine Eltern, insbesondere mein Vater, wöchentlich immer mal in Erfurt. Also entweder er hat uns abgeholt oder nach Hause gebracht oder wir haben etwas in Erfurt unternommen. Wir hatten ja auch fast jede Woche einen Wettkampf. Aber ich sage mal, umso älter man geworden ist, desto weniger ist es dann logischerweise geworden.
In meinen letzten Jahren war ich dann nur noch selten zu Hause, weil ich mir dann auch in Erfurt meinen Freundeskreis aufgebaut habe und die Mehrheit der Freunde war dann eben auch in Erfurt. Wir waren auch viel auf Wettkampfreisen, von daher wurde das dann alles ein bisschen weniger. Die letzten zwei Jahre bin ich mit meinem Bruder zusammen in eine Wohnung gezogen. Das war auch ganz cool. Mein Bruder war zwei Jahre früher fertig mit dem Abitur und hat seine Ausbildung bei der Polizei angefangen und brauchte eine Wohnung. Und dann habe ich ihn gefragt, ob ich einfach mit einziehen kann. (lacht)


Marija Kurtes-Pejchar: Hat dein Bruder die Ausbildung bei der Polizei über den Sport gemacht oder „normal“?


Phil Maly: Nein, genau über die Sportfördergruppe, wo man dann quasi jetzt fünf Monate im Jahr Ausbildung hat und den Rest des Jahres sozusagen frei, um seinen Sport nachzugehen. Dadurch geht die Ausbildung dann aber auch doppelt so lange.


Marija Kurtes-Pejchar: Ist die Ausbildung daran geknüpft, dass er bei seinem Sport bleibt und bestimmte Erfolge hat?


Phil Maly: Also in der Ausbildung soweit ich weiß nicht. Da ist man erstmal relativ sicher in der Ausbildung. Natürlich man muss immer Leistung bringen, aber man könnte auch, wenn man den Sport aufgeben sollte, in die "normale" Ausbildung wechseln.


Marija Kurtes-Pejchar:Also bei Verletzungen oder Ähnlichem könnte man in die reguläre Ausbildung wechseln?


Phil Maly: Genau, das ist richtig. Felix ist jetzt fertig seit letztem Jahr und arbeitet normal. Und jetzt ist es im Enddefekt auch so. Man hat diese Sportfördergruppe, d. h. sie müssen in drei oder vier Jahren eine gewisse Anzahl von Monaten insgesamt arbeiten. Das ist natürlich nicht Vollzeit, da sie ihren Sport weiterhin intensiv betreiben. Aber das ist natürlich auch an gewisse Leistungen geknüpft, weil man den Kaderstatus halten muss. Wenn man diesen verliert, dann kann es schon sein, dass man aus der Sportfördergruppe raus muss und in den normalen Dienst wechseln muss.


Marija Kurtes-Pejchar: Ist es auch nach Verletzungen z. B. möglich in die Sportfördergruppe zurückzukehren?


Phil Maly: Also mir ist jetzt kein Fall bekannt, aber die Sportfördergruppe gibt es ja noch nicht so lange. Also es sind noch nicht so viele Sportler in diesen Gruppen drin. Es ist gut, dass es diese Gruppen gibt, aber manchmal sind nur fünf oder sechs Sportler aus unterschiedlichen Sportarten in einer Gruppe. Deswegen weiß ich das gar nicht so genau. Aber es ist natürlich schwierig, wenn man erstmal in dem normalen Arbeitsalltag hat und 40 Stunden die Woche arbeiten muss, an sein Leistungsniveau zu kommen. Man hat natürlich aber auch gewisse Schonzeiten.
Ein Mitstreiter von Felix hat sich auch für die Weltcups qualifiziert und hat aber gleich beim ersten Weltcup, also im November einen Bandscheiben-Vorfall erlitten. Und ist die ganze Saison ausgefallen, aber er hat natürlich auch seine Reha gemacht und nimmt sein Training jetzt wieder auf. Er ist deswegen auch nicht aus der Gruppe geflogen, da eine Verletzung vorlag und er sich für die Weltcups qualifzierte und auch das Potential mitbringt.


Marija Kurtes-Pejchar:Was fasziniert dich an deiner Sportart?


Phil Maly:Zum Einen auf jeden Fall die Vielfältigkeit im Training, da wir gerade im Sommer unterschiedliche Trainingsmethoden nutzen. Also es fängt an mit Radfahren, Inline-Skaten und wir sind sehr viel im Kraftraum gewesen. Aber auch viel über Athletik, ich sage mal laufen, springen, rennen das machen wir im Enddefekt alles. Also Teile der Leichtatletik, Teile des Radsports. Insgesamt ist das Training sehr vielseitig, sodass immer was dabei ist, was einem wirklich Spaß bereitet. Also wir Eisschnelläuer sind wirklich sehr vielseitig ausgebildet und nicht wie z. B. ein Radsportler, der überwiegend auf dem Rad sitzt, sondern wir machen ganz verschiedene Dinge. Und auf dem Eis ist es einfach die Geschwindigkeit, also wenn man bis zu 60 km/h um die Kurve läuft, das ist schon ein geiles Gefühl. Ich finde es ist einfach eine sehr schöne ästhetische Sportart. Es ist schön zum Anschauen und es ist einfach auch was Besonderes, weil es auch nicht jeder kann. Es ist wirklich schwierig die Sportart zu erlernen. Die meisten Eisschnelläufer fangen im Kindesalter an, wie wir ja auch, weil man dieses Gefühl auf dieser Milimeter dünnen Kuhle zu laufen nur ganz schwer erlernen kann. Das sind im Enddefekt die drei Sachen, die mich am Eisschnellaufen faszinieren.


Marija Kurtes-Pejchar: Meinst du, dass der Leistungssport zum Doping anreizt?


Phil Maly: Also ich finde es persönlich nicht. Natürlich hat man viel Leistungsdruck. Das ist einmal durch Sponsoren und durch seine eigenen Erwartungen. Das ist natürlich klar, dass man da viel Druck verspührt. Aber im Enddefekt wird man heutzutage, zumindest in Deutschland, dass man schon im jungen Alter darauf vorbereitet. Und zum Anderen sind die meisten Athleten in der Bundespolizei oder in der Bundeswehr, wo man seine berufliche Karriere auch mit aufs Spiel setzt. Ich glaube, es ist auch ein moralisches Verständnis, also es ist sehr ausgeprägt in Deutschland, dass es einfach unfair ist. Und das man seine Leistung so eben nicht erreichen soll und auch nicht möchte. Also in anderen Ländern wird es anders sein, dass es ein bisschen vermittelt wird, das jeder dopen würde und es O.K. wäre, weil es jeder macht. Aber hier in Deutschland wird eindeutig gesagt: Doping ist unfair und wird nicht akzeptiert, auch nicht in der Gesellschaft. Deswegen würde ich nicht sagen, dass der Leistungssport dahingehend zum Doping verführt. Dazu kommen ja noch die Kontrollen. Gerade wenn man im Kader ist, steht man unter Beobachtung. Man muss z. B. jeden Tag angeben, wo man schläft, muss Adressen angeben, wo man sich aufhält usw. Man ist dann auch tagtäglich mit der Thematik in Berührung. Es geht um den sauberen Sport und das man viel dafür opfern muss. Und es dann trotzdem zu machen, widerspricht dem Ganzen, finde ich.


Marija Kurtes-Pejchar: Wie geht es für dich persönlich jetzt weiter?


Phil Maly: Ich bin jetzt noch bis September in Erfurt und gehe meiner Übungsleiter Tätigkeit nach und gehe nebenbei arbeiten. Bin jetzt auch mit dem Verein in Kontakt um in Sachen Homepage und Social-Media den nächsten Schritt zu gehen und uns da weiter verbessern. Ab September gehe ich nach Jyväskylä (Finnland). Dort beginne ich mein Master-Studium im Digital Marketing and Corporate Communications. Das Studium geht Anfang September los für zwei Jahre. Darauf bereite ich mich jetzt natürlich vor i. S. v. Unterkunft suchen usw. Ich habe schon in meinem Auslandssemester in Lahti gemerkt, dass sich die Finnen um die ausländischen Studenten sehr bemühen.