Demokratie fängt in der Kita an – Fachforum zur Demokratiepädagogik im Koblenzer Historischen Ratssaal

Über 100 pädagogische Fachkräfte aus dem nördlichen Rheinland-Pfalz nahmen am Fachforum „Demokratiepädagogik in Kindertagesstätten“ teil, zu dem das Institut für Bildung, Erziehung und Betreuung in der Kindheit | Rheinland-Pfalz (IBEB) der Hochschule Koblenz und das Ministerium für Bildung in den historischen Ratssaal in Koblenz eingeladen hatten. Fachvorträge, Praxisberichte und themenbezogene Workshops zeigten auf, dass wichtige Grundlagen für die Demokratie schon in den Kindertageseinrichtungen gelebt und gelernt werden können.

  • Fachforum zur Demokratiepädagogik im Koblenzer Historischen Ratssaal

Der Direktor des IBEB, Prof. Dr. Armin Schneider, wies in seiner Begrüßung auf die wichtige Funktion der Stadt Koblenz in der Demokratieentwicklung hin. Hier wurde im März 1848 die Forderung nach Rede- und Pressfreiheit laut. 1947 fand im historischen Ratssaal die konstituierende Sitzung des rheinland-pfälzischen Landtages statt. „Es ist wichtig und richtig, dass schon unsere Jüngsten ihr Umfeld und ganz besonders auch die Kita als einen Ort erleben, an dem sie gehört werden und mitbestimmen können. Es geht darum, Demokratie, Gleichberechtigung und Fairness zu verstehen und zu verinnerlichen. Das Engagement der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Kitas ist dabei unerlässlich und ich bedanke mich herzlich dafür“, hob Hans Beckmann, Staatssekretär im rheinland-pfälzischen Bildungsministerium, in seinem Grußwort hervor.

Carmen Jacobi-Kirst, Projektverantwortliche im IBEB, führte in die Thematik ein und zeigte auf, dass Mündigkeit und Partizipation schon bei ganz einfachen Alltagsfragen in der Kita eine Bedeutung haben: Lassen die pädagogischen Fachkräfte Widerstände zu? Wird eine Meinungsvielfalt gewürdigt? In ihrem Fachvortrag zum Thema „Bildung beginnt mit der Geburt – Partizipation ebenso!“ zeigte die Koblenzer Professorin Dr. Irit Wyrobnik rechtliche Grundlagen zur Beteiligung auf. Wyrobnik betonte: „Nur durch Teilhabe kann Verantwortung und Selbstwirksamkeit gelernt werden.“ Natürlich sei Demokratie auch ein anstrengender Entwicklungsprozess; dieser sei aber ein Gewinn für alle, Kinder, Fachkräfte, Leitung, Träger sowie Eltern und Familien.

In drei Praxisberichten erhielten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Tagung auf unterschiedlichen Ebenen Einblicke in die Praxis. Matthias Colloseus berichtete vom Projekt „Demokratie in Kinderschuhen“ des katholischen Bundesverbandes KTK. Das Projekt „Religion – Werte – Bildung“ des Diakonischen Werkes Pfalz stellten Rudolf Ehrmanntraut und Sandra Wehrle vor. Es gelte, eine „Kultur der Aufmerksamkeit“ zu entwickeln und auch Tugenden wie Mut, Standhaftigkeit, Aushandeln und die unbedingte Ehrfurcht vor dem Leben zu leben. Sandra Reemen machte an Fotos aus der Kita Sonnenschein in Kirn ganz plastisch deutlich, was es bedeutet, Kinder mitbestimmen und mitgestalten zu lassen. Die Kinder in der Kita kleben ihre Fotos auf das Bild von dem Raum, den sie aufsuchen. So ist für alle transparent, wo die Kinder sind und mit wem sie spielen. Auf diese Weise kann es auch vorkommen, dass die Untersuchung des Lebens einer Spinne dann doch interessanter ist als ein beabsichtigter Kinobesuch, und die Kinder darüber ein Buch verfassen. Aus dessen Verkaufserlös wird dann schließlich der Kinobesuch finanziert.

Fachleute aus Rheinland-Pfalz vertieften in neun Workshops die praktischen Möglichkeiten für Fachkräfte in der Kita, von der Beteiligung der Jüngsten, über Abstimmungsverfahren, Werte, Partizipation, Medienbildung, Anhörungsrechte bis hin zum Umgang mit Ausgrenzungen und Abwertung und der Veränderung der Gesellschaft.

Am Ende des Tages in den historischen Räumen in Koblenz konnten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer neben vielen neuen Anregungen für die Praxis auch einen Nachdruck der ersten rheinland-pfälzischen Verfassung erhalten, die 1947 in genau diesen Räumlichkeiten verfasst wurde.