Max Sorger at TSU in Georgia

Vorbereitung Auslandssemester

Am 19. September 2018 habe ich mein Praxissemester an der Partnerhochschule `Ivane Javakhishvili Tbilisi State University` in Georgien aufgenommen. Fünf Monate später kann ich rückblickend ein überaus positives Fazit meiner Zeit in Tbilisi ziehen. Ich wurde sehr freundlich und wohlwollend an meiner Gastuniversität aufgenommen. Bei einer Informationsveranstaltung, die kurz nach meiner Ankunft stattfand, hatte ich schnell die Gelegenheit meine Kommilitonen sowie einige georgische Professoren kennenzulernen, die ihre englischsprachigen Kurse vorstellten. Gerade aufgrund der vergleichsweise geringen Anzahl von lediglich elf Erasmus-Studenten in unserem Semester, ließen sich direkt soziale Kontakte zu den anderen internationalen Studenten knüpfen, die wegen ihrer unterschiedlichen Herkunft und Studienschwerpunkte sehr interessant waren. Der Großteil meiner Kommilitonen hatte bereits einen politik- bzw. sozialwissenschaftlichen Studienhintergrund an ihrer Heimuniversität. Ein weiterer gängiger Hintergrund war das Studium der ´Internationalen Beziehungen´. Ich habe den Eindruck, dass ich mein Wissen und meinen Horizont durch den regen Kontakt und die Diskussionen mit meinen Mitstudenten in und außerhalb der Kurse um einiges erweitern konnte, da man sich aufgrund der unterschiedlichen Studienschwerpunkte gut ergänzt hat.

Eine große Hilfe gerade in der Zeit nach meiner Ankunft in Tbilisi waren die georgischen Studentinnen Anna Gobechia und Nana Bibileishvili, die im vergangenen Jahr ihr Auslandssemester in Remagen absolviert haben und die mich nun sehr herzlich in Tbilisi willkommen geheißen haben und mir bei mehreren Treffen mit Rat und Tat zur Seite standen. Sie konnten mir nicht nur meine vielen Fragen zum Universitätsleben in Tbilisi beantworten, sie zeigten mir auch verschiedene Orte in der Stadt, gaben mir Informationen zu verschiedenen Reisezielen, die ich während meines Semesters in Georgien besuchte und berichteten mir aus ihrer Sicht von gesellschaftlichen und politischen Geschehnissen im Land, insbesondere im Zuge der georgischen Präsidentschaftswahl im November 2018. Die Treffen mit den beiden waren für mich sehr wertvoll, da ich so Einblicke in das alltägliche Leben der Georgier erlangen konnte und mich mit den Themen auseinandersetzen konnte, die die georgische Gesellschaft beschäftigen.

Wohnsituation

Aktuell entwickelt sich gerade in der Hauptstadt Tbilisi eine stetig wachsende urbane und eher westlich-liberal ausgerichtete Jugendkultur, die sich deutlich von der traditionsbewussten, konservativen und orthodoxen Kultur der älteren Generation unterscheidet. Beispielsweise setzen sich seit kurzer Zeit erstmals jugendliche Aktivisten in Tbilisi für die Rechte von Homosexuellen ein, welche von der in Georgien vorherrschenden orthodoxen Kirche nach wie vor nicht gesellschaftlich akzeptiert werden. Diese gesellschaftlichen Dynamiken in Tbilisi und die Spaltung der Generationen, die für unterschiedliche Werte eintreten beobachten zu können, war für mich gerade aufgrund der Aktualität und Brisanz sehr spannend.

Die staatliche Universität in Tbilisi ist im Vergleich zum RheinAhrCampus sehr groß und verfügt über elf verschiedene Gebäude. Etwa 30.000 Studenten studieren an der größten georgischen Universität. Von den verschiedenen Gebäudekomplexen ist insbesondere das Hauptgebäude sehr beeindruckend, welches die über 100-jährige Tradition der altehrwürdigen Universität eindrücklich verkörpert. Im Laufe der ersten beiden Studienwochen, in denen ich die Gelegenheit hatte, mir verschiedene Kurse anzuschauen, habe ich mich dazu entschieden die Kurswahl meines Learning Agreements anzupassen.

Reisezeit

Der Kurs ´Cross Cultural Psychology` von Prof. Despotashvili vermittelte spannende Einblicke in Theorien der interkulturellen Psychologie. Der wöchentliche Leseaufwand war mit ca. 35-40 Seiten relativ hoch, dafür ergab sich während des Kurses die interessante Gelegenheit über die gelesenen Studien mit Frau Prof. Despotashvili und den anderen Studenten zu diskutieren.

Der Kurs `Ethnography of Georgia` von Prof. Khutsishvili bot einen sehr spannenden Überblick über die Geschichte, die Traditionen und die Kultur des georgischen Volkes und führt auch dazu, einige Situationen des alltäglichen Lebens hier in Georgien besser verstehen und einschätzen zu können. Besonders interessant war das Abschlussprojekt, welches ich in diesem Fach gemeinsam mit meinem Frankfurter Kommilitonen Emil Ludwig, durchführte. Im Rahmen dessen ergriff ich die Chance den Studienschwerpunkt an meiner Heimatuniversität, Sportmanagement, mit meinen Studien vor Ort in Georgien zu verknüpfen. Im Zuge des mehrwöchigen Projektes untersuchten wir die durch die Zeit der Sowjetunion beeinflusste Geschichte, die aktuelle Situation und zukünftige Ausrichtung von Sport in Georgien. Besonders interessant war hierbei ein Treffen im georgischen Ministerium für Sport und Kultur, bei dem wir drei Mitarbeiter des Ministeriums mehr als zwei Stunden interviewen durften. Im Zuge des Interviews erfuhren wir viel über aktuell durchgeführte und anstehende Projekte des Ministeriums im Bereich der Entwicklung des Sports.

Der russische Sprachkurs von Frau Mirianashvili, den ich ebenfalls belegte, war meiner Ansicht nach sehr effektiv, insbesondere da nur drei Studierende an diesem Kurs teilnahmen und man durch die direkte Ansprache von Frau Mirjanashvili dauerhaft gefordert war, welches den positiven Effekt hatte, dass man trotz des verhältnismäßig hohen Schwierigkeitsgrads der Sprache, relativ schnell kleine Erfolgserlebnisse erlebte, wie bspw. das Beherrschen des Alphabets oder kleinerer Konversationen.

Die Prüfungsleistungen in meinen drei belegten Fächern fanden durch eine Mid-Term-Klausur, eine Präsentation und eine Abschlussklausur (´Cross Cultural Psychology´), eine Projektarbeit mit anschließender Präsentation (´Ethnography of Georgia´) und eine Mid-Term-Klausur und eine Abschlussklausur (´Russian Language´) statt.

Zusätzlich zu meinen belegten Kursen an der Universität war ich sehr froh, dass ich auch im georgischen Uni-Leben meiner großen Sportleidenschaft nachgehen konnte. Als Mitglied der Uni-Basketballmannschaft hatte ich die Gelegenheit drei Mal die Woche als einziger ausländischer Student ausschließlich mit Georgiern zu trainieren, was eine sehr spannende Erfahrung war. Die kulturellen Unterschiede fanden sich auch im Sport wieder, umso schöner war es zu sehen, dass man sich trotz fehlender gemeinsamer Sprache auf dem Feld gut verstanden hat, gemeinsam sportliche Ziele erreichen konnte und als Mannschaft zusammengewachsen ist. Für mich hat sich damit einmal mehr herausgestellt, dass der Sport ein kulturell verbindendes Element sein kann, welches über die Grenze sprachlicher und kultureller Unterschiede hinausgeht.

Trotz universitärer und sportlicher Aktivitäten blieb auch genug Zeit, mich intensiv mit meinem Studienort bzw. -land auseinanderzusetzen. Georgien bietet eine großartige Vielfalt an unterschiedlichsten Regionen, die ich im Rahmen verschiedener Trips bereiste. Vom Hochgebirge in Kazbegi und Svanetien über die Weinregion Kachetien, das Waschlowani-Wüstengebiet an der Grenze zu Aserbaidschan, Skifahren in Gudauri bis zu einer Kurzreise nach Armenien habe ich unglaublich viele unterschiedliche Eindrücke gesammelt, die mir eindrücklich in Erinnerung bleiben werden. Meine Zeit in Georgien war somit auf allen Ebenen eine tolle Erfahrung, die mich mit Sicherheit in meiner weiteren Entwicklung prägen wird.