Eva Stockhausen at ASPIRA College in Split, Croatia

Motivation bzw. Entscheidung für das Zielland

Für Kroatien habe ich mich entschieden, da ich das Auslandssemester in einem europäischen Land absolvieren wollte, das ich bis dahin noch nicht besucht hatte. Ein westlich oder südlich von Deutschland liegendes Land wurde daher nicht in Betracht gezogen. Weder in Kroatien noch in dessen Nachbarländern war ich vor Auswahl der Gasthochschule schon gewesen.

Auch bin ich davon ausgegangen, dass sich Kultur und Mentalität der Kroaten von denen der Deutschen unterscheiden – dies hat sich in den fünf Monaten bestätigt. Und meine Absicht war es, neue Kulturen kennen zu lernen und zu erleben.

Die Stadt Split kann auf eine lange Geschichte zurückblicken und bietet einige Sport- und Kulturevents an. Über das Land hatte ich vor dem Auslandssemester nur positives gehört: Tolle Landschaft, gutes Essen und nette Menschen. Außerdem hatte ich gelesen, dass Kroatien ein sicheres Land sein soll.

Ein Entscheidungskriterium war auch die Tatsache, dass das ASPIRA College of Management and Design Kurse im Sportmanagement anbietet bzw. bei Auswahl die Hochschule noch ASPIRA College of Sports Management hieß.

Organisation des Auslandsaufenthaltes

Besondere Vorbereitungen müssen für den Auslandsaufenthalt in Kroatien nicht getroffen werden: Kein Visum, keine Impfungen. Somit musste ich nur organisieren, was für jeden längeren Auslandsaufenthalt gilt: Auslandsreiseversicherung abschließen, Flugtickets buchen, Reiseapotheke zusammenstellen, Reiseführer kaufen und alle wichtigen Dokumente nach dem Ablaufdatum überprüfen. Die Unterkunft für die fünf Monate habe ich auch im Vorfeld gefunden: Eine Ferienwohnung, die wir mit fünf Personen als WG genutzt haben. Wer in eines der Studentenwohnheime möchte, muss sich frühzeitig darum kümmern. Wir haben für die Ferienwohnung allerdings deutlich weniger gezahlt als die Bewohner des Studentenwohnheimes und hatten viel mehr Platz. Dies gilt aber wahrscheinlich nur für den Winter, in dem alle Ferienapartments um mehr als die Hälfte günstiger sind als in den Sommermonaten. Angebote oder Mitbewohner findet man in der facebook-Gruppe, die für jedes Semester angelegt wird.

Da der Wechselkurs in Kroatien besser als in Deutschland ist, sollte Geld erst im Zielland gewechselt werden. Am Flughafen Split können Euro ohne Gebühr und zu einem guten Kurs in Kuna gewechselt werden. Um eine Kreditkarte, mit der man kostenlos Geld im Ausland abheben kann, sollte man sich im Vorfeld kümmern.

Reisepass und Führerschein sollte man nicht vergessen. Die Automiete ist sehr günstig und die benachbarten Länder zu besuchen oder an der kroatischen Küste entlang zu fahren, lohnt sich.

Gasthochschule

Das ASPIRA College ist eine private Hochschule, an der etwa 200 Studenten eigeschrieben sind. Einige der Studenten sind Leistungssportler und von der Anwesenheitspflicht bei Vorlesungen befreit. Es werden alle Vorlesungen per Video aufgenommen und können über eine Online-Plattform im Nachhinein angeschaut werden. Für alle anderen Studenten – ausgenommen der Erasmus-Studenten – gilt eine Anwesenheitspflicht von 80 Prozent.

Die meisten Professoren sind nicht Vollzeit am College beschäftigt, sondern gehen einem weiteren Beruf nach. So kommt es auch vor, dass Vorlesungen am Wochenende stattfinden, wenn die Dozenten aus Zagreb oder dem Ausland anreisen.

In meinem Kurs waren zehn Studenten und die Vorlesungen wurden interaktiv gestaltet. An dieser Interaktion konnte ich leider nicht teilnehmen, da die Vorlesungen auf Kroatisch gehalten wurden. Die Ansprechpartnerin vom ASPIRA College erklärte mir, dass die Kurse auf Englisch abgehalten werden, wenn mindestens fünf internationale Studenten anwesend sind. Und da ich die einzige Erasmus-Studentin war, galt diese Regel nicht für das vergangene Semester. Dennoch bin ich zu den Vorlesungen gegangen um Kontakt zu meinen Kommilitonen zu haben, mit denen ich mich auf Englisch unterhalten konnte. Und zumindest an einem Wochenende hörte ich die gewünschte Sprache als ein Professor aus England zu Gast war. Ergänzend zu diesen interaktiven Vorlesungen werden  Exkursionen durchgeführt: So haben wir einen Basketballverein und eine Eventstätte besucht.

Ich habe fünf Kurse belegt und abgeschlossen. Die Prüfungsleistungen bestanden insgesamt aus zwei Klausuren, vier Hausarbeiten und zwei mündlichen Prüfungen. Für die Klausuren habe ich mich mit Hilfe englischer Literatur oder Präsentationen, die für mich auf Englisch übersetzt wurden, vorbereitet. Fachzeitschriften und das Internet dienten als Grundlage für die Hausarbeiten.

Das College verfügt aufgrund der Studentenzahl über eine geringe Zahl an Räume und die Bibliothek ist mit englischer Literatur nicht ausreichend ausgestattet. Bücher können aber auf Wunsch von der Universitätsbibliothek ausgeliehen werden. Ein Aufenthaltsraum mit einem Kicker, Videokonsole und Cafeteria steht zur Verfügung.

Das College gehört nicht zur Universität Split. Daher gibt es Besonderheiten bei dem Monatsticket für den Bus (ich konnte das College zu Fuß erreichen und brauchte deshalb keine Monatskarte) und bei Sprachkursen. So musste das College meinen Kroatisch-Sprachkurs bezahlen, den alle anderen Erasmus-Studenten kostenlos belegen konnten.

Meine Ansprechpartnerin vom College, Ivana, war super. Sie konnte mir bei allen Fragen schnell weiterhelfen, stellte den Kontakt zu Professoren her und bemühte sich, trotz kroatischer Vorlesungen, mich bestmöglich in den Uni-Alltag zu integrieren. Außerdem hatte ich einen College-Buddy: Sie stand mir als allwissende und dolmetschende Kommilitonin zur Seite, mit der ich mich auch privat getroffen habe.

Aufenthalt im Gastland

In Split habe ich mit zwei Litauerinnen, einem Polen und einem Portugiesen in einer WG gewohnt. Wir waren eine tolle Gruppe, die viel miteinander erlebt hat, aber auch verschiedene Vorstellungen von Pünktlichkeit, Hygiene und Tagesablauf hatte. Es war interessant, die verschiedenen Lebensstile oder Mentalitäten meiner Mitbewohner, aber auch der anderen Erasmus-Studenten, die aus verschiedenen Ländern Europas und Südamerikas kamen, kennen zu lernen.

Es waren insgesamt etwa 70 Erasmus-Studenten im Wintersemester 2014/15 in Split. Davon kamen die meisten aus Litauen und Polen, einige andere aus Spanien und Portugal. Aus Deutschland kam „nur“ ein weiterer Student, was ich als sehr positiv empfunden habe. Denn so musste ich englisch sprechen und konnte mehr über andere Nationen erfahren.

Kroatien ist ein traumhaft schönes Land, in dem es viel zu entdecken gibt. Wir sind die kroatische Küste von Dubrovnik bis Zadar auf der Magistrale gefahren (in Etappen), waren in den Nationalparks Krka und Plitzwitzer Seen, auf den Inseln Brač und Hvar und in Istrien. Außerdem haben wir eine Rundreise durch Bosnien-Herzegowina und Serbien gemacht – ein Erlebnis, das ich so schnell nicht vergessen werde.

Um in Kontakt mit Kroaten zu kommen und mehr über das flüssige Gold Kroatiens kennen zu lernen, haben wir einer Familie einen Tag lang bei der Olivenernte geholfen. Diese Familie betreibt die Olivenernte nur nebenberuflich und bezahlt keine Arbeiter, sondern lässt sich von Verwandten und Freunden helfen – diese Hilfe beruht auf Gegenseitigkeit.

Die Kroaten sind sehr nett und hilfsbereit, die meisten sprechen englisch. Es laufen auffallend viele schlanke und große Kroaten durch die Straßen, gerne in grauer Baumwoll-Jogginghose oder Laufhose. Die Jogginghose scheint das Lieblingskleidungsstück der Kroaten zu sein – auch in Cafés, Restaurants und in der Uni. Beliebt sind auch weiße Chucks, über die sogar ein kroatisches Lied geschrieben wurde.

Das kroatische Essen ist sehr lecker. Positiv aufgefallen ist mir, dass es in Split kaum internationale Restaurants und Ketten gibt. So gibt es nur einen Mc Donald’s, der aber außerhalb liegt und keinen Burger King, Starbucks oder Subway. Die besten Bierproduzenten sind die Kroaten nicht, aber Wein und Rakija sind lecker und eignen sich gut als Mitbringsel.

In jedem öffentlichen Raum hängt die kroatische Flagge und zu möglichst jeder Gelegenheit wird die Nationalhymne gespielt: Beim Einführungstag an der Uni, an Hochzeiten oder bei Sportveranstaltungen.

In den Wintermonaten sind einige Restaurants geschlossen und die öffentlichen Verkehrsmittel und Fähren fahren seltener. Aber dennoch war ich froh, im Wintersemester in Split gewesen zu sein, denn das Reisen und Entdecken war in dieser Zeit angenehmer und auch günstiger. Die Straßen, Nationalparks und Fähren sind im Sommer überfüllt – wobei es sicherlich auch nicht schlecht ist, im Sommer in Kroatien zu sein, wenn die Touristen ins Land strömen, es ein breites Freizeitangebot gibt und Beachparties stattfinden. Insgesamt unterscheiden sich die Sommer- und Wintermonate stark, denn die Küstenregion und die Inseln sind auf den Tourismus ausgerichtet. Im Winter werden die ruhigeren Monate zum Renovieren oder Ausruhen genutzt.

Die Kroaten sind fußballverrückt. Das Logo von Hajduk Split befindet sich zwischen Dubrovnik und Zadar an vielen Bushaltestellen, Häusern und Mauern. Doch als wir einmal im Stadion waren, war dieses fast leer. Die meisten Kroaten können sich den Eintritt wohl nicht leisten, das Ticket hat umgerechnet etwa 5 Euro gekostet. Und kein Zuschauer hatte ein Trikot an oder einen anderen Fanartikel dabei. Die Trikots werden nur von Touristen gekauft, erklärte mir ein Kommilitone. Auch diese sind für die Kroaten zu teuer.

In Split gibt es seit wenigen Jahren einen Weihnachtsmarkt. Einen etwas anderen Weihnachtsmarkt als wir ihn kennen: an der Uferpromenade, unter Palmen, mit DJs, die eher Party- als Weihnachtsmusik spielen, aber mit Glühweinständen, wenigen Essensständen und dekorierten Straßen. So kommt auch Weihnachtsstimmung an der Küste auf.

Welche Unterschiede sind mir zwischen Kroatien und Deutschland bzw. zwischen Kroaten und Deutschen aufgefallen?

Als erstes fällt mir das Kaffeetrinken ein. Die Cafés in Split sind immer voll – es sei denn es regnet. Eine große Tasse Kaffee in Split entspricht einer kleinen in Deutschland. Und einen „coffee to go“ zu finden ist eine Herausforderung. Es scheint als wären Kroaten, zumindest die in Split, niemals gestresst oder genervt. Wenn bspw. eine lange Schlange an der Supermarktkasse ist, bleibt der/die KassiererIn gelassen und unterhält sich mit Kollegen oder Kunden oder wechselt Geld. In Kroatien, Bosnien-Herzegowina und Serbien haben wir keinen Bettler gesehen. Ein weiterer Unterschied sind die Öffnungszeiten: Supermärkte und Shops sind in Kroatien sonntags geöffnet. Und zu guter Letzt: Die Fahrer. V.a. die Busfahrer. Sind die alle lebensmüde? Und wen interessieren schon Geschwindigkeitsbegrenzungen und Zebrastreifen? Passend zu diesem Thema: Die Autobahnen. Ein Traum für alle Deutschen, denn diese sind in bestem Zustand und leer. Kosten aber Gebühren und da liegt auch das Problem. Denn die Gebühren sind zu hoch und damit können sich die meisten Kroaten eine Autobahnfahrt nicht leisten.

Während meines Auslandsaufenthalts in Kroatien habe ich mich manchmal noch wie zu Hause gefühlt: Wegen der Geschäfte wie LIDL, Müller, dm, Kaufland und Bauhaus mit vielen deutschen Produkten und Produktbeschreibungen und wegen der deutschen Touristen, die v.a. im Oktober und November noch in Split waren.

Das Leben in Kroatien ist etwas günstiger als das in Deutschland. V.a. die Einkäufe im Supermarkt, Backwaren in Bäckereien und die Automiete sind günstiger, das Essengehen nur geringfügig. Kleidung kostet gleich viel. Die Unterschiede sind aber nicht so groß wie erwartet.

Was mochte ich nicht an Kroatien? Die Cola;-) Und ich hatte Angst, eines Tages am Zebrastreifen überfahren zu werden.

Fazit

Das Auslandssemester war super. Ich konnte meine Englischkenntnisse verbessern, habe viel über die kroatische Mentalität und über die der anderen Erasmus-Studenten gelernt.

Nicht optimal war, dass die Vorlesungen im College auf Kroatisch gehalten wurden und nicht alle Professoren englisch sprechen konnten, um meine Fragen zu beantworten. Eine mündliche Prüfung wurde bspw. mit meinem Buddy als Dolmetscherin durchgeführt. Dennoch möchte ich nochmals betonen, dass die Betreuung vor Ort und auch vor und nach dem Auslandsaufenthalt hervorragend war.

Insgesamt bin ich froh, dieses Auslandssemester absolviert zu haben. Ich habe fünf tolle und ereignisreiche Monate in Split verbracht, in denen ich viel über Kroatien und die Kroaten, über andere Nationalitäten und über mich gelernt habe. Diese Zeit werde ich bestimmt nie vergessen.