Chinesischer Abend am RheinAhrCampus

Dipl.-Ing. Jürgen Kurz berichtete über den Aufbau der Heuft-Tochter in China

Wenn Du es eilig hast, nimm einen Umweg.“ Diese und ähnliche chinesische Weisheiten konnten die erstaunten Zuhörer am RheinAhrCampus von Dipl.-Ing. Jürgen Kurz, General Manager des Technologieunternehmens Heuft Inspection & Packaging Systems Technology (Shanghai) Co. Ltd. und Verantwortlicher für die Expansion nach China erfahren. Eingeladen zu einem regelrechten chinesischen Abend mit kulturellem Rahmenprogramm hatte Professor Dr. Rüdiger Jung, Auslandsbeauftragter des Fachbereichs Betriebs- und Sozialwirtschaft am RheinAhrCampus.

Mit der Aufgabe, in China einen Standort zu errichten, wurde Jürgen Kurz vor ca. zwei Jahren konfrontiert. Heuft ist ein mittelständisches Unternehmen, dessen Stammhaus mit Sitz der Geschäftsleitung sowie des Projekt-, Vertriebs- und Schulungszentrums in Burgbrohl ist. Begonnen hat der Aufbau der Heuft-Tochter mit Recherchen über die Außenhandelskammer in Shanghai, die wertvolle Unterstützung bot, wie Kurz ausführte. Weitere Informationen erhielt er via Internet, mittels Literatur und Fachgespräche und selbstverständlich durch eigene Reisen in das Land der Mitte. Seit ca. 1,5 Jahren hält er sich mehr in China auf als in Burgbrohl und seinem Wohnort Andernach.

Besonders spannend war die Suche nach der geeigneten Stadt für eine Niederlassung. Es stellte sich schnell heraus, dass Chinesen in anderen Dimensionen denken als z.B. Westeuropäer. So wurden Gewerbeflächen nicht unter 1.500 m² angeboten. In ähnlichen Proportionen entstehen Wohnparks, in denen keine Gebäude weniger als 20 Stockwerke haben. Zurzeit gibt es in China die höchsten Wachstumsraten. Es werden internationale Direktinvestitionen von 50 Mrd. US-Dollar pro Jahr getätigt. „Die Welt trifft sich in China“, erklärt Jürgen Kurz. Chinesen planen derartige Großprojekte vor dem Bau in Modellen, die den Investoren plastisch die Lage der Objekte vorführt. Letztendlich hat die Heuft-Tochter nach umfangreichen Recherchen und diversen Angeboten den Standort Shanghai gewählt. Gründe waren klimatischer und unternehmerischer Art, wie z.B. Verkehrsanbindungen und Repräsentanz der Stadt. 16 Mio. Einwohner zählt Shanghai, inoffiziell werden 20 Mio. Einwohner geschätzt. Für die Errichtung einer Niederlassung als Mittelständler hat die Firma Heuft einen Strategiewechsel vorgenommen: 1.500 m² Gewerbefläche war für eigene Zwecke zuviel, so dass Jürgen Kurz mit drei weiteren Unternehmen eine kreative Lösung fand und eine Firmen-WG gründete. So befinden sich auf den 1.500 m² heute vier Firmen.

In seinen Ausführungen ging Kurz auch auf die chinesische Bürokratie ein. Das Beschaffen einer Businessnummer, einer Taxnummer, einer Zollnummer für das Unternehmen, das Erhalten einer Arbeitserlaubnis und eines Visums für ihn als General Manager bis hin zur Durchführung eines Gesundheits-Checks waren nur einige Hürden, die es zu überwinden galt. „Die Chinesen legen großen Wert auf die Errichtung von Produktionsstätten, also Wertschöpfung. Handeln können sie selbst am Besten“, so Kurz. Es muss zunächst klar sein, dass Geld ins Land fließt, bevor eine Businesslizenz vergeben wird. Und ohne Stempel läuft in China gar nichts. Selbst sein Name, Jürgen Kurz, musste verändert werden, da die Übersetzung des deutschen Namens bei Chinesen zu Missverständnissen führt. So heißt Kurz in der chinesischen Welt nun Duàn Quiáo Zhì. Kurz betonte allerdings, dass die Bürokratie in Deutschland für Ausländer mindestens genauso unübersichtlich sei. Wenn man also eine Expansion nach China plant, kann sich nur schrittweise dem Ziel genähert werden. Einen straffen Plan wird es aufgrund unvollständiger Informationen nicht geben können. Von der Leistungsbereitschaft der Chinesen ist er nach wie vor begeistert. Die Angestellten von Kurz sind nur Chinesen, die jünger als 35 Jahre sind.

Im Anschluss an den Heuft-Vortrag hat Professor Dr. Stefan Kammhuber Verhaltensregeln für ein besseres Zurechtfinden in der chinesischen Kultur aus Sicht der Forschung beleuchtet. Aus wissenschaftlicher Sicht und vielfach bezugnehmend auf den vorangegangenen Vortrag hat Kammhuber die kulturellen Verwurzelungen chinesischer Verhaltensweisen und Kommunikation erläutert. Bei Chinesen führe statusgemäßes Verhalten zum Erfolg, so Kammhuber. Chinesen legen zudem schon in der anfänglichen Bekanntschaft großen Wert auf das persönliche Kennenlernen und sind am „Small Talk“ wenig interessiert. Bei interkultureller Kommunikation sollte sich zudem niemand auf „Reiseführer-Niveau“ begeben, sondern sich intensiv mit Verhaltensregeln und entsprechender Kommunikation beschäftigen.

Das kulturelle Rahmenprogramm umfasste auch die Vermittlung von chinesischer Musik und der chinesischen Kalligraphie, die zwei chinesische Studierende des RheinAhrCampus, Zhou Wei und Zhao Rui, beide seit ca. vier Jahren in Deutschland, vorstellten. Der letzte Programmpunkt betraf die Fördermöglichkeiten eines Auslandsaufenthaltes durch die Organisation InWent. Dr. Laurent Borgmann, Leiter des Bereichs Sprachen/Internationales am RheinAhrCampus übernahm gemeinsam mit dem Praktikums-Rückkehrer Tim Völkel entsprechende Erläuterungen.

Aktuelles:

Die Teilnehmenden stehen als Gruppe im Außengelände der Hochschule zusammen.
Die Teilnehmenden stehen als Gruppe im Außengelände der Hochschule zusammen.

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