Prof. Dr. Daniela Braun, Vizepräsidentin für Lehre und Diversity

Hinweis: Frau Prof. Dr. Braun hat die Hochschule Koblenz 2022 in den Ruhestand verlassen. Der folgende Text stammt aus Ihrer Zeit als Vizepräsidentin.

Seit September 2016 ist Prof. Dr. Daniela Braun Vizepräsidentin für Lehre und Diversity an der Hochschule Koblenz. Als Teil des Präsidiums kümmert sie sich um die Qualität der Lehre und entwickelt in Zusammenarbeit mit den Fachbereichen neue Studiengänge. Zudem verantwortet sie Strategien und Maßnahmen zur Stärkung von Vielfalt an der Hochschule Koblenz. Im Fachbereich Sozialwissenschaften hat sie die Professur für Kindheitswissenschaften inne. Ihre kreative Ader schafft eine Balance zwischen Arbeit und Kunst als Hobby.

Im Bereich der Lehre kümmere ich mich um die Qualität der Lehre und des Studiums, um Fragen der Akkreditierung und die Entwicklung neuer Studienformate, natürlich in Kooperation mit den Fachbereichen. Bei Diversity geht es grundlegend darum, die Vielfalt der Möglichkeiten zu bündeln und eine Statement für Verschiedenheit an unserer Hochschule abzugeben.

Mir ist es wichtig, die Akkreditierung als Hochschule mit einem Diversity Profil zu erhalten, weil unsere Studierenden so vielfältig und verschieden sind wie auch unsere Beschäftigten und Lehrenden. Das ist für uns eine große Chance, eine Bereicherung und ein zeitgemäßes Profil. Dazu stehen wir!

Im Bereich Diversity gibt es zum Beispiel verschiedenste Maßnahmen der Förderung wissenschaftlicher Nachwuchskräfte. Hinzu kommen verschiedenste Maßnahmen der Unterstützung von Studierenden mit oder ohne Migrationsgeschichte. Wir bieten ein stärkeres Maß an Beratungsmöglichkeiten zu Vielfalt und Verschiedenheit an. Neuere Programme im Bereich der Digitalisierung, im Bereich des Einsatzes von Tandemprofessuren oder International Lectures im Rahmen des Programms ProKOhoch2 zur professoralen Nachwuchsgewinnung folgen der Idee, Vielfalt und Verschiedenheit an der Hochschule voranzutreiben. Wir haben ein Büro für Gleichstellung und Diversity, wo alle Maßnahmen zusammenlaufen und koordiniert werden. Es geht auch einfach darum, so etwas wie eine Agenda zu setzen: Diversität ist uns wichtig. Leider sind wir noch nicht so weit wie wir es gerne wären.

Ich bin Mitglied einer Generation, die es noch sehr schwierig hatte. Als Frau hatte ich schon immer das Gefühl, sowohl in den Bildungsinstitutionen als auch im Beruf mehr leisten zu müssen als Männer. Und ich kenne auch noch dumme Sprüche über Frauen, die wie selbstverständlich in den 80-er und 90-er Jahren gebracht wurden und heute zum Glück ein No Go sind. Berühmte Aussagen wie „Frauen können nicht einparken!“ und all so ein Mist – damit bin ich groß und auch alt geworden. Ich bemerke aber, dass das in den letzten zehn Jahren deutlich anders geworden ist. Was meine Vita anbetrifft: Ich bin immer wieder gefragt worden, wie ich es denn schaffen würde, Kinder und Beruf miteinander zu verbinden. Und in allen Bewerbungsgesprächen hat man mich wirklich entsetzt angeschaut, wenn ich gesagt hatte, dass ich mir die Erziehung mit meinem Mann teilen werde. Das fand ich sehr unerfreulich. Und Schwangerschaft – ich erinnere mich noch – das war für Arbeitgeber ein Problem. Teilzeitarbeit hat tatsächlich, bevor ich hier an die Hochschule gekommen bin, einmal dazu geführt, dass ich eine Leitungsfunktion abgeben musste.

Ja, es hat sich wirklich viel getan in den letzten Jahren. Zumindest werden nicht mehr ohne weiteres Ungleichbehandlung und Äußerungen diskriminierender Art so leicht akzeptiert. Es gibt einen gesellschaftlichen Konsens, dass das nicht mehr akzeptabel ist.

Ja, das glaube ich schon. Hier, an dieser Hochschule gibt es eine hohe Akzeptanz und Bereitschaft für Diversity. Für Unternehmen setzt sich diese Haltung auch immer mehr durch. Es gibt Unternehmen, die eine brillante Frauenförderung haben, und da würde ich mir gerne eine Scheibe von abschneiden. Und es gibt andere Unternehmen, bei denen die Sensibilität noch nicht so sehr vorhanden ist. Ich komme aus der Sozialen Arbeit und der Wohlfahrtspflege. Und im Bereich der Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege – obwohl da überproportional viele Frauen arbeiten – war in der Vergangenheit eine weibliche Führungskraft eher die Seltenheit. Das ist schon ein paar Jahre her und sicher hat sich auch in diesem Bereich viel bewegt.

Ich glaube, da gibt es verschiedene Gründe. Ich bin mir sicher, dass es viele Frauen gibt, die sich eine Führungsposition wünschen und auch anstreben. Ich bin mir aber auch sicher, dass nur allein eine Frau zu sein nicht bedeutet, auch eine Führungsposition inne haben zu wollen. Und ich würde das schon noch ein bisschen mit der Verteilung der Geschlechterrollen so sehen, dass sich immer noch zu wenige Mädchen wirklich eine Führungsposition vorstellen können. Manche Mädchen haben diese Option noch nicht in hohem Maße verinnerlicht und streben eine Führungsposition weniger aktiv an, vor allem in den MINT-Bereichen.

Von der Handlung, der Umsetzung und der Arbeit her sind es zwei getrennte Bereiche und auch zwei komplett verschiedene soziale Szenen, in denen man sich bewegt. Aber für mich verbindet sich das alles unter dem Thema Kreativität, das macht mich aus. Die Kreativität findet im wissenschaftlichen und im künstlerischen Bereich ihren Ausdruck. Ich kann das ganz gut miteinander verbinden, weil natürlich mein Hauptengagement zunächst einmal meiner Tätigkeit hier an der Hochschule gilt und ich den künstlerischen Bereich tatsächlich von den Zeitressourcen her so steuern kann wie ich das möchte.

Ja, ich male auch, aber weniger. Das wesentliche ist die Bildhauerei. Ich habe eine künstlerische Ausbildung im Bereich der Bildhauerei und habe mit Stein und Stahl gearbeitet. Im Moment mache ich Upcycling-Assemblagen. Dafür nehme ich altes Werkzeug aus der Zeit der Jahrhundertwende oder von vor 200 Jahren. Das wird mit einem Materialmix in komplett neue Verbindungen gesetzt und erhält so einen ganz anderen Ausdruck.

Ja, das bietet mir einen Ausgleich. Ich finde es faszinierend, sich einem Tier anzuvertrauen und von ihm getragen zu werden. Trotzdem muss man das Tier steuern, man muss die Balance zwischen Vertrauen und Führung finden, das kann man auch in Beruf gut gebrauchen. Das macht eine Führungskraft unbedingt aus: Sie muss auf die Kolleginnen und Kollegen und deren Kompetenzen sowie Motivation vertrauen. Das Geheimnis ist, sein Team im richtigen Maß zu leiten und zu führen.

Sehr stark. In meinem Berufsleben und meinem Werdegang hatte ich ganz viele verschiedene weibliche Netzwerke, habe aber auch erlebt, dass viele Frauen keine Netzwerke haben. Das Schaffen solcher Netzwerke ist eine Herausforderung meiner Generation gewesen. Das war nicht einfach und für uns eher unüblich. Sie sind insofern hilfreich wie auch männliche Netzwerke hilfreich sind – um sich zu stützen und unterschiedliche Informationen weiterzutragen, an die man sonst nicht so schnell rankommt. Netzwerkgestaltung würde ich jedem Menschen empfehlen, unabhängig vom Geschlecht.

Ja, ich finde es sehr schön, dass die Kanzlerin das auf den Weg gebracht hat. An der Hochschule gab es bereits einige Netzwerke, die aber sehr häufig direkt beruflich gebunden waren. Dies ist eine schöne Idee, um einfach Begegnungen zu ermöglichen.

Wir leben in unserer Familie durchaus divers. Wir haben einige Familienmitglieder aus unterschiedlichen Herkunftsländern. Es gibt also verschiedene kulturelle Hintergründe. Vielfalt und Verschiedenheit werden zum Glück auch von meinen Söhnen gelebt. Zum Beispiel war bei der Wahl des Kindergartens wichtig, dass dort auch Kinder verschiedenster Herkünfte vertreten sind. Das war eine ganz bewusste Wahl. Ich versuche den Gedanken, nicht zu pauschalisieren und nichts gleich zu verurteilen oder zu bewerten, mit den Enkeln zu leben. Toleranz, aber auch Akzeptanz stehen dabei im Vordergrund. Dazu zählt es auch, die Grenzen eines anderen Menschen zu respektieren. Ich habe vier Enkel zwischen drei und sechs Jahren. Mit ihnen mache ich auch viel Kunst. In meinem Atelier verbringen wir viel Zeit miteinander und sie lieben es, die Dinge ganz nach ihren Vorstellungen zu gestalten. Gleichzeitig mache ich mit ihnen auch MINT-Experimente oder gehe mit ihnen reiten, weil ich ihnen als Großmutter verschiedene Erlebnisse ermöglichen möchte.

Es ist wichtig, das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren und mit Leidenschaft dabei zu sein. Das, was man liebt und mit Begeisterung macht, darin wird man Erfolg haben. Allerdings rate ich dazu, eifrig seinem Vorhaben nachzugehen, ohne dabei verkrampft zu sein. Man sollte eher spielerisch und offen die Möglichkeiten nutzen, die einem das Leben anbietet, die Chancen aufgreifen und Komplexität schaffen, ohne dabei den Fokus zu verlieren. Dabei gilt es, sich nicht von seinem Weg abbringen zu lassen und nicht auf andere zu hören, die einem immer noch erzählen wollen, Führungsaufgaben seien nicht mit Familie und Kindern vereinbar. Es ist alles möglich, wenn man es wirklich möchte.

Vielfältigkeit als Motivation für Diversity-Maßnahmen
„Ich bin als Vizepräsidentin für Lehre und Diversity angetreten, weil mir Vielfältigkeit am Herzen liegt und Vielfalt das Leben auch im Beruf und in der Bildung bereichert.“, erzählt die ehemalige zentrale Gleichstellungsbeauftragte der Hochschule Koblenz, „unsere Studierenden sind so verschieden wie auch unsere Beschäftigten und Lehrenden, dafür stehen wir ein.“ In ihrer Amtszeit hat Daniela Braun bereits einige Maßnahmen für mehr Diversität auf den Weg bringen können, die das Büro für Gleichstellung und Diversity koordiniert und umsetzt. Die Unterstützung von Studierenden und das Schaffen von Beratungsmöglichkeiten zum Thema Diversity stehen dabei im Vordergrund.

Gleichstellung – früher und heute
Das Thema Gleichstellung begleitet Daniela Braun schon ihr ganzes Leben: „Ich bin Mitglied einer Generation, die es noch sehr schwierig hatte. Ich hatte immer das Gefühl, dass ich als Frau mehr im Beruf leisten muss als meine männlichen Kollegen.“ Sie erinnere sich auch noch gut an dumme Sprüche und abwertende Kommentare gegenüber Frauen in den 80-er und 90-er Jahren. Auch im Berufsleben wurde sie damit konfrontiert. „In allen Bewerbungsgesprächen hat man mich wirklich entsetzt angeschaut, als ich gesagt habe, dass ich mir die Erziehungsarbeit mit meinem Mann teilen werde und so Beruf und Familie miteinander verbinden kann“, berichtet sie, „einmal musste ich sogar eine Leitungsfunktion abgeben, weil ich in Teilzeit gegangen bin.“ Heute hätten sich die Umstände erfreulicherweise deutlich gebessert: „Es ist im mittlerweile gesellschaftlicher Konsens, dass eine ungleiche Behandlung und abschätzige Äußerungen gegenüber allen Menschen nicht mehr akzeptabel sind.“

Unterrepräsentation von Frauen in Führungspositionen
Als Braun in der Sozialen Arbeit und der Wohlfahrtspflege tätig war, stellte sie fest, dass die Besetzung der Führungspositionen nicht die Zusammensetzung der Beschäftigten widerspiegelte. Hier waren zwar überwiegend Frauen beschäftigt, die Rate an weiblichen Führungskräften jedoch verhältnismäßig niedrig. Auch heute beobachte sie solche Phänomene. Die Gründe dafür können vielfältig sein. „Ich bin mir sicher, dass es viele Frauen gibt, die sich eine Führungsposition wünschen und auch anstreben. Ich bin mir aber auch sicher, dass nicht alle Frauen auch eine Führungsoption für sich sehen“, erläutert sie. Viele Mädchen hätten diese Führungsrolle noch nicht verinnerlicht und strebten sie dementsprechend nicht an. Besonders betreffe das die MINT-Bereiche, in welchen Frauen in bedeutenden Rollen häufig unterrepräsentiert seien und die Bewerberlage von Frauen noch relativ dünn ist.

Kunst als Ergänzung zum Beruf und das Reiten als Vorbild für Führungskräfte
Die ehemalige Studiengangsleitern des Bereichs Bildung und Erziehung hat eine Ausbildung als Bildhauerin absolviert und verbringt ihre Freizeit gerne im eigenen Atelier. Ihre kreative Ader verbindet das Hobby mit der Arbeit an der Hochschule: „Die Kreativität findet im wissenschaftlichen und im künstlerischen Bereich ihren Ausdruck. Ich kann das ganz gut miteinander verbinden, weil natürlich mein Hauptengagement zunächst einmal meiner Tätigkeit hier an der Hochschule gilt und ich den künstlerischen Bereich von den Zeitressourcen her so steuern kann, wie ich das möchte.“ Aktuell beschäftigt sich die Vizepräsidentin für Lehre und Diversity besonders mit Upcycling-Assemblagen, dem Schaffen neuer Objekte aus alten Materialien. Besonders fokussiert sie sich dabei auf die Umgestaltung alter Werkzeuge. Zudem hält Daniela Braun ein eigenes Pferd und ist eine begeisterte Reiterin. „Ich finde es faszinierend, sich einem Tier anzuvertrauen und von ihm getragen zu werden, trotzdem muss man es lenken und leiten. Es geht darum, die Balance zwischen Vertrauen und Steuerung zu finden, was man auch im Beruf gut gebrauchen kann“, erklärt die vierfache Großmutter. Das mache eine erfolgreiche Führungskraft aus.

Hilfreiche Unterstützung durch Bildung und Erhalt von Netzwerken
Weibliche Netzwerke haben Daniela Braun in ihrem Berufsleben mehrfach unterstützt. Sie betont jedoch, dass diese Verhältnisse bei weitem keine Selbstverständlichkeit gewesen seien und sich vor allem ihre Generation dafür einsetzen mussten. „Das war nicht einfach und war für uns Frauen eher unüblich.“ Netzwerke seien, unabhängig ob für Frauen oder Männer, hilfreich, um sich gegenseitig zu unterstützen und unterschiedliche Informationen weiterzutragen, an die man sonst nicht so schnell kommen würde. Die ehemalige Vorsitzende des Ausschusses für Gleichstellungsfragen des Senats spricht eine Empfehlung für das Schaffen und Nutzen solcher Netzwerke aus und hebt die neuen Möglichkeiten an der Hochschule Koblenz positiv hervor: „Ich finde Angebote wie etwa das Professorinnen-Frühstück oder das Frühstück für Mitarbeiterinnen sehr gut. An der Hochschule gab es bereits einige Netzwerke, die aber sehr häufig direkt beruflich gebunden waren. Diese neuen Aktivitäten sind eine schöne Idee, um einfach nur Begegnung zu ermöglichen.“

Diversity als wichtiger Faktor in der Familie
Daniela Braun ist mehrfache Mutter und Großmutter, sie hat vier Enkel, die sie regelmäßig besuchen. Auch in ihrer Familie spielt der Diversity-Gedanke eine wichtige Rolle. „Wir leben in unserer Familie durchaus divers. Es gibt Familienmitglieder aus unterschiedlichen Ländern in Europa und den USA. Es gibt verschiedene kulturelle Hintergründe und dementsprechend versuche ich den Gedanken von Toleranz und Akzeptanz mit meinen Enkeln zu leben.“ Sie sei froh, dass ihre Söhne diese Einstellung verinnerlicht haben und danach leben. Bei der Wahl des Kindergartens für den Nachwuchs hätte die Diversität eine wichtige Rolle gespielt. „Es war uns und insbesondere den Eltern wichtig, dass auch Kinder verschiedenster Herkunft vertreten sind“, betont die Großmutter, die gerne mit ihren Enkeln Kunst macht: „Sie lieben es, die Dinge in meinem Atelier ganz nach ihren Vorstellungen zu gestalten. Ihr sei es als Großmutter wichtig, verschiedene Erlebnisse miteinander zu teilen ermöglichen, damit sich die Kinder vielfältig ausleben können.

Das Ziel nicht aus den Augen verlieren
„Jungen Frauen, die Führungspositionen anstreben, kann ich nur den Tipp geben, das Ziel leidenschaftlich zu verfolgen. Man wird in dem Erfolg haben, was man liebt und mit Begeisterung macht“, rät die Vizepräsidentin, „sie sollten sich nicht vom Weg abbringen lassen. Auch nicht von Leuten, die einem immer noch erzählen wollen, Familie und Kinder seien nicht mit beruflichen Erfolg vereinbar.“ Dabei solle man jedoch nicht zu verkrampft sein, sondern spielerisch und planerisch die Möglichkeiten nutzen, die einem das Leben gibt.