Erfahrungsbericht Robin Schubart

1. Motivation zur Auslandsphase und Entscheidung für das Zielland

Schon zu Beginn meines Studiums hatte ich Interesse daran ein oder zwei Semester im Ausland zu studieren. Dabei waren mir sowohl die sprachlichen und kulturellen Hintergründe, als auch die Module wichtig, die ich dort studieren würde. Außerdem ging es mir darum, dass ich viele verschiedene Menschen und Kulturen kennenlerne und meine Englischkenntnisse in meinem Studiengang Bauingenieurwesen ausbaue und vertiefe. Das Arbeiten in Englisch sollte für mich so angenehm werden, wie ich es auf Deutsch gewohnt war.

Herr Prof. Laubach hat uns im dritten Semester in der Vorlesung Tragwerksentwurf nahegelegt einen Auslandsaufenthalt an einer unserer Partnerhochschulen zu machen. Zu diesem Zeitpunkt hat die Planung für meine Zeit im Ausland begonnen. Für mich war es wichtig eine Universität zu finden, die in der englischen Sprache unterrichtet und bei der die Lebenshaltungskosten nicht das vorhandene Budget überschreiten. Zur Auswahl standen in Bezug auf die sprachlichen Anforderungen nur noch Irland und Finnland. Irland musste leider auf Grund von sehr hohen Lebenshaltungskosten und den hohen Kosten für die Unterkunft ausscheiden. Geblieben ist die HAMK University of Applied Sciences in Hämeenlinna, Finnland. Finnland ist bekannt für sein überdurchschnittlich gutes Bildungssystem und glänzt damit in vielen Disziplinen der Bildung. Das Land bietet eine atemberaubend schöne Natur und die Universität wirbt mit international aufgestellten Studenten und Dozenten aus der ganzen Welt. Die Lehrmethode erfolgt in jeweils zwei großen Modulen pro Semester, in denen mit mehreren kleinen Teilmodulen alle wichtigen Aspekte des Moduls abgedeckt werden. Die Entscheidung ist dann automatisch auf Finnland gefallen.

2. Organisierung des Aufenthalts

Zunächst musste ich mich bei meinem Fachbereich für einen Auslandsaufenthalt an meiner Wunsch-Partnerhochschule bewerben. Bei der Auswahl der Partnerhochschule war Herr Prof. Laubach mein Ansprechpartner. Meine Wahl ist nach sorgfältiger Recherche auf die HAMK University of Applied Sciences gefallen. Zunächst musste ich mich bei meinem Fachbereich intern für die Nominierung für einen Auslandsaufenthalt bewerben. Nachdem ich eine Zusage für meine Bewerbung erhalten habe ging es darum, welche Module ich dort studieren würde. Da die Anforderungen an die Module in Koblenz sehr hoch sind stellte mich dies vor eine Herausforderung. Auf der einen Seite waren mir die sprachlichen und kulturellen Aspekte wichtig, auf der anderen Seite wollte ich auch nicht zu viel Zeit mit meinem Abschluss verlieren. In einem meiner Gespräche mit Herrn Laubach überprüften wir, welche Module an der Partnerhochschule ungefähr den Modulen in Koblenz entsprechen würden. Das war leider gar nicht so leicht, da die HAMK nicht wusste, welche Module während meines Auslandsaufenthalts unterrichtet werden würde. Ich musste mein Learning Agreement aus auf Basis der Module erstellen, die im damaligen laufenden Akademischen Jahr unterrichtet wurden. Der nächste Schritt war dann Gespräche mit den Professoren zu führen, bei denen ich mir die Module gegebenenfalls anerkennen lassen könnte. Hierbei bin ich auf viel Zuspruch gestoßen, auch wenn ich keine Garantie der Anerkennung bekommen konnte, da die Anerkennung primär von den tatsächlichen Inhalten und der Anforderungen der Module abhängt. Während der gesamten Vorbereitung kam es immer wieder zu Verzögerungen und längeren Wartezeiten, da E-Mails oft unbeantwortet geblieben sind. Das war teilweise sehr frustrierend, aber mit der nötigen Hartnäckigkeit kein schwerwiegendes Problem.

Irgendwann war es dann soweit, dass ich alle Unterlagen für das International Office in Koblenz beisammen hatte und ich diese Einreichen konnte. Diese Unterlagen waren einmal die Bewerbung für das Erasmus Stipendium und andererseits das Grant Agreement, also der Vertrag zwischen Student und Universität.

Jetzt folgten meine persönlichen Vorbereitungen für acht Monate im Ausland. Als Erstes informierte ich mich auf der Internetseite des Auswärtigen Amts über den EU Staat Finnland. Hier fand ich sehr viele Informationen, insbesondere über nötige Impfungen, Sicherheit und allgemeine Reiseinfos. Außerdem musste ich mich bei den Studentenunterkünften (durchgeführt von dem Unternehmen HOPS) bewerben. Das war eine rein formale Bewerbung, da die HAMK immer genügend Wohnungen für Austauschstudenten vorhalten. Auch hier findet man ein paar Informationen über die Anlage, die wenige Gehminuten vom Campus entfernt ist, im Internet. Die Anlage besteht aus vielen kleinen Wohnungen für ca. 300€ pro Monat, die jeweils von zwei bis drei Studierenden geteilt werden. Die Wohnungen sind alle alt und meiner Erfahrung nach sollte man seine Erwartungen etwas senken. Für einen Austausch sind sie jedoch vollkommen ausreichend und bieten alles, was man zum Leben braucht.

Des weiteren habe ich mich über die Lebenshaltungskosten informiert und meine Finanzierung geplant. Für die Ländergruppe 1 betrug die Erasmusförderung während meines Aufenthalts 450€ pro Monat. Zusammen mit gespartem Geld kam ich auf ein Budget von ca. 800€ pro Monat, das vollkommen gereicht hat.

3. Die Gasthochschule

Meine Gasthochschule, die HAMK University of Applied Sciences, hat verschiedene Campi. Mein Campus war in Hämeenlinna, einer kleinen Stadt ungefähr eine Fahrstunde nördlich von Helsinki. Der Campus in Hämeenlinna liegt ungefähr 10 Gehminuten von den HOPS Unterkünften entfernt und besteht aus mehreren Gebäuden. Die für mich interessanten Gebäude waren das B-Gebäude und das C-Gebäude, in denen fast alle meine Kurse sattgefunden haben und das D-Gebäude, in dem die Mensa ist. In der Mensa bekommt man als Studierender das Mittagsessen für 2,60€ und dieses beinhaltet ein Hauptmenü, sowie Salat und Getränke. Die Mensa ist modern und farbenfroh gestaltet und bietet mittags genug Platz zum gemeinsamen Mittagessen.

Die Bibliothek liegt zwischen dem C und dem D-Gebäude. Sie ist sehr klein und bietet sehr wenige Arbeitsplätze. Außerdem gibt es dort, anders als in Koblenz, kein Ruhegebot, was das Lernen dort sehr schwierig macht. Der Campus bietet mehrere Computerräume, die in verschiedenen Gebäuden gelegen sind. Sehr zu empfehlen sind die Computerräume im C-Gebäude, da dort die meisten Programme installiert sind. Außerdem kann man sich Gruppenräume buchen, in denen man ungestört arbeiten kann. Als Austauschstudent hatte ich leider keine Zugriffsrechte auf die Raumreservierung, aber diese ist auch an der Rezeption, oder der Bibliothek möglich. Eine kleine Herausforderung war es herauszufinden, wo man am Campus drucken kann. Jeder Studierende hat ein ausstreichendes Kontingent zur Verfügung. Meiner Erfahrung nach funktioniert der Drucker im C-Gebäude, dritter Stock am besten.

An der HAMK werden pro Semester zwei große Module unterrichtet. Diese Module unterteilen sich wiederum in mehrere Teilmodule. Mein Wintersemester bestand zunächst aus dem Modul Timber Structures (17 cr.), welches sich in Design of Timber Structures, BIM in Design of Timber Structures, Fundamentals in Finite Element Analysis und Professional English unterteilt hat. Das Zweite Modul hieß Renovation (15 cr.) und bestand aus Building Physics Related to Renovation, Structures and their Damages, BIM in Renovation, Healthy Indoor Air, Improvements of Energy Effiency und Reporting in English.

Im zweiten Semester habe ich mich für die Module Steel 1 und Concrete Structures entschieden, Steel 1 bestand aus Design of Steel Structures 1 und 2 und Structural Analysis, Concrete Structures bestand aus Structural Design of Concrete Structures, Precast Concrete Structures, BIM in Concrete Structures, Mechanics 2 und Meeting Skills.

Anders als in Deutschland werden die Kurse im Klassenverband, wie bei uns in der Schule, unterrichtet. Es gibt einen Lehrer, meistens mit einem Master Abschluss und Berufserfahrung, der die Klasse durch das Material begleitet und durch verschiedene Methoden das Wissen vermittelt. Das Unterrichtsniveau, das Leistungsniveau und auch die Anforderungen an die Studierenden sind niedriger, als in Deutschland. Das hat verschiedene Gründe, zum einen haben die Studierenden auf Grund von internationalen Klassen alle ein unterschiedliches Bildungsniveau, zum anderen haben auch die Lehrer unterschiedliche Anforderungen die Studierenden, sowie unterschiedlich gute didaktische, fachliche und sprachliche Kompetenzen. Das kann anfangs durchaus sehr frustrierend sein, wenn man es jedoch von einer anderen Perspektive sieht, dann hat man mehr Freizeit und somit mehr Zeit, um das Land, die Kultur und die Menschen kennenzulernen. In Finnland geht es im Allgemeinen mit weniger Stress zugange und das Leben dort ist wesentlich entspannter.

Bei allen Fragen bezüglich der Universität konnte ich mich immer an Niina Kovanen wenden, sie ist die internationale Kontaktperson für den Fachbereich Construction Engineering und hat sich immer gut um uns gekümmert. Außerdem ist die allgemeine Hilfsbereitschaft an der HAMK sehr groß und fast jeder spricht gut Englisch, sodass man sich gut durchfragen kann.

4. Das Leben im Gastland

Die meiste Zeit meines Austauschs habe ich in Hämeenlinna verbracht. Hämeenlinna liegt ca. 100 Kilometer nördlich von Helsinki und hat 67.500 Einwohner. Sie ist eine kleine Stadt, die aber alles nötige zum Leben bietet. Der Campus und die Studierendenunterkünfte liegen ca. 20 Gehminuten vom Zentrum entfernt, wo man viele Einkaufs- und Shoppingmöglichkeiten findet. Finnland ist Mitglied der Währungsunion, das macht das Bezahlen sehr einfach. Ich würde dennoch empfehlen eine Kreditkarte mitzunehmen, da die skandinavischen Nachbarländer, sowie Russland nicht den Euro haben.

Auch gibt es eine gewisse Anzahl an Restaurants, die einen Besuch wert sind. Ich persönlich habe mich dort sehr wohlgefühlt. Hämeenlinna liegt an einem sehr langen See, der sich komplett entlang der Stadt zieht. So liegt dieser auch nahe dem Campus und bietet sich prima zum Spazierengehen an. Fährt man mit dem Bus etwas raus gelangt man in sehr kurzer Zeit in die atemberaubende Natur Finnlands. In Aulanko gibt es noch einen weiteren See, auf dem man rudern gehen kann, oder auch einfach eine Runde schwimmen kann. Außerdem gibt es einen Aussichtsturm, welcher die meiste Zeit im Jahr geöffnet ist. Der Ausblick lohnt sich.

Von Hämeenlinna aus kommt man sehr leicht in andere Städte. Die Bus- und Bahnverbindungen sind gut ausgebaut und man findet in der Regel immer eine passende Verbindung.

Die HAMK bietet mit HAMK Moves eine Möglichkeit Sport zu treiben. Es wird ein vielseitiges Programm angeboten, zum Beispiel indoor Fußball, Volleyball oder Basketball. Außerdem gehört zur Sporthalle ein kleines Fitness Studio. Eine Mitgliedschaft kostet für ein akademisches Jahr 80 Euro. Das hat sich definitiv gelohnt, da man dort immer neue Menschen trifft und kennenlernt. Während meines Austauschs hat sich das Volleyball Training zum Erasmus Training entwickelt, wo es mehr um den Spaß am gemeinsamen Spielen und weniger um den Sport selbst ging. Alle zwei Wochen haben die Studentenverbindungen Partys in den örtlichen Clubs und Bars veranstaltet. Diese wurden von uns regelmäßig besucht und es war immer eine nette Abwechslung zum normalen Alltag.

Was wäre Finnland ohne Sauna? In den Studentenunterkünften gibt es für Männer und Frauen getrennte Saunen. Einmal die Woche ist der Besuch zu einer vorgegebenen Zeit kostenlos. Weitere Zeiten kann man sich dazu buchen, wenn man das möchte. Die richtige Sauna Erfahrung macht man jedoch eher in einem Schwimmbad mit Wellness Bereich, oder auf einem Trip in die Natur, wo es Blockhüttensaunen am See gibt. Diese Erfahrung kann ich jedem nur ans Herz legen.

Die meiste Freizeit haben wir in der Erasmus Gruppe verbracht. Wir haben immer Trips in die verschiedenen Nachbarstädte gemacht, oder kleine Partys in den Studentenunterkünften gefeiert. Finnland kann im Winter sehr dunkel und einsam werden, es ist also sehr wichtig viele Kontakte zu knüpfen und sich immer beschäftigt halten.

5. Fazit

Heute kann ich stolz behaupten, dass Erasmus mein Leben nicht nur stark, sondern auch positiv beeinflusst hat. Ich habe mich in weniger als einem Jahr stark weiterentwickelt, habe sehr viele Menschen aus den unterschiedlichsten Teilen der Welt kennengelernt und neue Freunde fürs Leben gefunden. Erasmus verbindet und ich kann diese Erfahrung jedem nur stark empfehlen.

Während meiner Zeit an der HAMK konnte ich in sparten des Bauingenieurs blicken, die an unserer Hochschule nur wenig bis gar nicht gelehrt werden. Zum Beispiel arbeiteten wir sehr häufig mit BIM Programmen, welche zur 3D Visualisierung dienten. Hieraus konnten wir häufig auch gute technische Zeichnungen generieren. Außerdem haben sich meine Englischkenntnisse im Fach Bauingenieurwesen stark verbessert. Das Arbeiten in Englisch ist interessant und macht Spaß. Diese Fähigkeiten werden mir in meiner beruflichen Karriere sicherlich helfen. Alles in allem bin ich sehr dankbar, dass ich diese Erfahrungen sammeln durfte.

 

von Robin Schubart (Bauingenieurwesen)