Erfahrungsbericht Johanna Obremski

1. Motivation bzw. Entscheidung für das Zielland

Erstmal vornweg, mein Name ist Johanna, ich bin 23 Jahre alt und studiere derzeit im Master Bauingenieurwesen an der Hochschule Koblenz. Die Welt entdecken, neue Kulturen kennenlernen und Freunde auf dem ganzen Globus, all dies und noch vieles mehr führte zu dem Wunsch in meinem Bauingenieurstudium ein Auslandssemester zu machen. Doch zuerst stellte sich die Frage, wohin. Eins stand fest, mein Freund und ich wollten versuchen gemeinsam eine Stadt oder, noch besser eine Universität zu finden. Oft bekam ich zu hören, wie schwierig das sei, noch dazu von zwei verschiedenen Universitäten und Studiengängen. Wir ließen uns nicht entmutigen und begannen circa ein Jahr vor dem in Frage kommenden Semester mit Recherche und Vorbereitungen.

Schnell stand fest, die Auswahl der Partneruniversitäten an der Hochschule Koblenz für Bauingenieure ist sehr gering, die an der Technischen Universität Darmstadt (TUD) für Wirtschaftsingenieure (der Studiengang meines Freundes) um einiges größer. So beschlossen wir herauszufinden an welcher Austauschuniversität der TUD auch für mich Chancen beständen als externer Student für ein Semester zu studieren. Zum Glück sind wir beide in Ingenieurwissenschaften eingeschrieben, so konnte ich an fast jeder Austauschuniversität auch meinen Studiengang finden, jedoch gab es einige, die auf ihren Internetseiten verkündeten, keine Studenten von Nicht-Partneruniversitäten aufzunehmen.

Nach viel Recherche standen zwei Städte fest, Eindhoven in den Niederlanden und Bangkok in Thailand. Relativ schnell hatten wir uns geeinigt Bangkok ganz oben auf die Liste, mit der mein Freund sich für ein Auslandssemester bewerben sollte, zu schreiben. Erstens, da es dort gleich zwei Partneruniversitäten gab und zweitens, weil uns der Gedanke gefiel dem deutschen Winter zu entfliehen und die Niederlande uns nicht ausländisch genug erschienen. Es begann eine lange Wartezeit und irgendwann Anfang 2015 kam die Rückmeldung. Er hatte einen Platz an dem Sirindhorn International Institute of Technology (SIIT) in Bangkok, welches zur Thammasat Universität gehört, erhalten.  

2. Organisation des Auslandsaufenthaltes

Jetzt begann der spannende und sehr aufwendige Teil für mich. Zuerst versuchte ich im Internet alle Universitäten in Bangkok ausfindig zu machen, an welchen man Bauingenieurwesen oder ähnliches auf Englisch studieren kann, da es mir zu unsicher war, mich nur an einer Universität zu bewerben. Leider waren manche Internetseiten recht unübersichtlich und auf viele meiner Emails erhielt ich keine Antworten, doch letztendlich hatte ich drei Universitäten, inklusive des SIIT, gefunden, an welchen ich mich bewerben wollte. Da ich dies ganz individuell tat, musste ich viel mehr Dokumente zusammenstellen, als bei einem Austauschprogramm, außerdem unterscheiden sich die angeforderten Unterlagen von Universität zu Universität.

Der aufwendigste Teil war der TOEFL Test, welchen ich während meiner Bachelorarbeit einschob, da die Bewerbungsfristen immer näher rückten. Außerdem benötigt man meist ein Motivationsschreiben, ein Empfehlungsschreiben, einen Lebenslauf und eine Auflistung der bestandenen Prüfungsleistungen, selbstverständlich alles in englischer Sprache. Letztendlich erhielt ich von jeder der drei Universitäten eine Zusage, wenn von der Favorisierten auch erst einen Monat vor Semesterbeginn.

Jetzt galt es noch sich um das Visa zu kümmern, welches man auf der thailändischen Botschaft in Frankfurt bekommt (multiple entry/ educational/150 Euro/1 Jahr). Eine Unterkunft war schon organisiert, da diese über das Austauschprogramm meines Freundes lief. Der Flug war schnell gebucht, da Bangkok ein beliebtes Reiseziel ist und von vielen Fluggesellschaften angeflogen wird.

Als letzte Vorbereitungen musste noch eine Auslandskrankenversicherung abgeschlossen werden und ich erhielt die notwendigen Impfungen für eine Reise nach Südostasien.

Art der Ausgaben

Anzahl

Einzelpreis [€]

Gesamtpreis [€]

TOEFL

1

220

220

Bewerbungsgebühren

3

30

90

Studiengebühr

1

1500

1500

Flug (Hin- und Rückflug)

1

780

780

Unterkunft/Mo5nat

5

125

625

Versicherungen

1

238

238

Impfungen

1

100

100

Unterhaltskosten/Monat

5

600

3000

 

 

Summe

6553

       

Prinzipiell ist Thailand ein sehr günstiges Land, abgesehen von den Studiengebühren. Doch auch gerade weil alles so günstig ist, ist die Verlockung umso größer und so gibt man letztendlich doch mehr Geld aus als im normalen Studienalltag Zuhause. Mein Auslandssemester finanzierte ich hauptsächlich mit Auslandsbafög.

3. Die Gasthochschule

Anfang August 2015 war es so weit, wir bestiegen das Flugzeug Richtung Thailand, dort angekommen wurden wir von einem Mitarbeiter des International Office vom Flughafen abgeholt und zu unserem Wohnheim gefahren. Nach kurzer Zeit kamen auch schon unsere Buddies vorbei, welche uns bereits vorher kontaktiert hatten. Jedem Austauschstudenten wird ein thailändischer Student zugeteilt um diesen bei anfänglichen Schwierigkeiten zu helfen, zum Beispiel, wo man die Uniform für die Uni kaufen kann und wie man sich in der Umgebung zurecht findet.

Die ersten Tage waren sehr spannend und abwechslungsreich, es wurden Kennenlernspiele und ein kleiner Sprachkurs angeboten. Es gab eine Mitarbeiterin an der Universität, die als direkte Ansprechpartnerin für alle Studenten zur Verfügung stand und immer sehr bemüht war uns alles möglich zu machen. Des Weiteren bekam jeder Student einen „Advisor“ zugeteilt, welcher einem auch bei der Fächerwahl beraten sollte. Da ich im Master 30 ECTS überfachlich einbringen kann, stand mir einiges offen, letztendlich belegte ich Materials Science, Environmental Studies, Transportation Engineering and Planning und Advanced Structural Concrete Design. Die Fächer unterschieden sich stark, so wurde in Materials Science jedes Mal die Anwesenheit kontrolliert, während dies für Transportation Engineering keine Rolle spielte, in manchen gab es Hausaufgaben und Quizze und in Advanced Structural Concrete Design waren die Ansprüche viel höher als in den anderen Fächern. Allgemein ist die Universität dort verschulter als in Deutschland, im Regelfall muss man bei 70 Prozent der Vorlesungen anwesend sein, es gibt Hausaufgaben und zwei Klausuren, statt einer. So setzen sich am Ende die Noten aus vielen verschiedenen Leistungen zusammen.

Außerdem gibt es eine Uniform, auf welche zumindest bei den Prüfungen bestanden wird, mit kurzen Hosen jedoch wird einem sogar der Zutritt zur Bibliothek verwehrt. In Bangkok sind Studentenwohnheime sehr verbreitet, wobei sich zwei Studenten jeweils ein Apartment teilen. Für westliche Studenten kaum vorstellbar, weswegen jeder ein Apartment für sich mietete, dabei allerdings trotzdem nicht mehr zahlte als in Deutschland. Mein Freund und ich teilten uns ein Apartment im Keystone Apartment, welches durch eine größere Straße vom Campus getrennt war. Hier wohnte ein großer Anteil der Austauschstudenten.  

4. Aufenthalt im Gastland

Bangkok, eine Großstadt mit 8 Millionen Einwohnern, die für jeden etwas zu bieten hat. Ob Shopping, Essen, Bars und Clubs, Parks, Kultur, Veranstaltungen und Märkte. Langeweile kommt hier nicht auf und das Meiste ist auch sehr preisgünstig. An der Thammasat Universität sind derzeit circa 36 000 Studenten eingeschrieben und ein Großteil derer wohnt auf oder im näheren Umkreis des Standortes Rangsit. Da wir in unserem Apartment nur eine Mikrowelle, eine Spüle und einen Kühlschrank hatten, blieb keine andere Wahl als abendlich zum Essen los zu ziehen. Die Universität liegt 40 km nördlich des Zentrums, d.h. Touristen sind dort nicht anzutreffen, sondern hauptsächlich Studenten.

Dementsprechend groß ist das Angebot an Straßenrestaurants und Food Courts, auch wurde zweimal wöchentlich ein Nachtmarkt auf dem Campus veranstaltet. Anfangs fühlt man sich wie im Schlaraffenland, vor allem weil man sich für zwei Euro richtig satt essen kann. Der Campus ist riesig und man findet dort auch Tankstellen, mehrere 7-eleven (kleine Supermärkte), ein Sport und ein Schwimmstadion, Geschäfte, Fußballplätze, ein Krankenhaus, mehrere Bibliotheken, Cafes, einen Tempel, Wohnheime und noch viel mehr (1251435 m2). Um richtiges Großstadtfeeling zu bekommen muss man allerdings einen Minivan in die Stadt nehmen. Das dauerte meist um die 45 Minuten und kostete einen knappen Euro.

Bedingt durch das warme Klima ist auf der Straße immer etwas los, allerdings bevorzugen viele Thais die klimatisierten Malls. Da auch Reisen günstiger ist als bei uns und es wirklich viel zu entdecken gibt sind die Austauschstudenten immer unterwegs. Beliebte Reiseziele sind die vielen Inseln und diverse Nationalparks. Die Thais sind ein sehr nettes Volk und egal wo man hinkommt, immer hilfsbereit.

Die Hauptreligion des Landes ist der Buddhismus, was vor allem an den vielen Tempeln, Pagoden und Buddha Statuen zu erkennen ist. Auch die Königsfamilie spielt eine große Rolle im Land, die Geburtstage des Königs und der Königin sind Feiertage und überall im Land hängen Bilder und Plakate, die die Monarchen darstellen. Wenn man Thailand besucht, sollte man ein paar Dinge beachten um sich nicht in Schwierigkeiten zu bringen. Zuerst ist es verboten böse Bemerkungen oder Witze über den König zu machen, dann sollte man nicht mit dem Fuß auf etwas zeigen und vor dem Betreten eines Tempels die Schuhe ausziehen und darauf achten weder Schultern noch knie zu zeigen. Kein Muss, aber sehr nützlich ist es, wenn man die Grundlagen der thailändischen Sprache beherrscht, dann wird man gleich viel herzlicher aufgenommen.

Verglichen mit Deutschland ist Thailand nicht ganz so sicher, jedoch hat jedes Wohnheim mehrere Wachmänner, es gibt ständige Sicherheitskontrollen vor Malls und dem Skytrain in Bangkok. Die Gefahr beklaut zu werden besteht immer, gerade bei Partys oder an sehr touristischen Orten, allerdings hält sich das Risiko in Grenzen, wenn man gut aufpasst, so wurde ich während der sechs Monate nicht beklaut und es wurde auch kein Versuch unternommen. Ein weiterer Risikofaktor können auch giftige Tiere wie Schlangen sein oder Krankheiten, die durch Mücken übertragen werden, wie z.B. Malaria. Außerdem besteht das Risiko sich eine Lebensmittelvergiftung einzufangen.

Zusammenfassend war mein Auslandssemester in Bangkok eine unglaublich tolle Zeit in der ich ein fremdes Land und dessen Kultur kennenlernen und gleichzeitig mein Studium weiterführen konnte. Es war ein einmaliges Erlebnis, bei dem ich viele neue Freunde finden konnte und das mir noch lange positiv in Erinnerung bleiben wird.

von Johanna Obremski