Erfahrungsbericht David Hilger

Erfahrungsbericht David Hilger

Die Idee eines Auslandssemesters hatte ich mir schon weit vor Studienbeginn überlegt. Als Plan galt für mich spätestens im vierten Semester ins Ausland zu gehen, nach den Statik- und Matheklausuren. Anfang des dritten Semesters erzählte ich Prof. Dr. Laubach in einem persönlichen Gespräch von meinen Plänen. Als damaliges Ziel zog ich die Hochschule Kärnten, Österreich in Betracht. Aufgrund meiner damaligen schwachen Englisch-Kenntnisse präferierte ich einen deutschsprachigen Raum. Zu dieser Zeit befand sich Prof. Laubach in Verhandlungen um einen Kooperationsvertrag mit dem Institute of Technology in Cork, Irland. Dieses Ziel stellte für mich persönlich eine deutlich größere Herausforderung dar. Nach Recherchen über die Universität, das Land, die Stadt und einem weiteren sehr intensiven Gespräch mit Prof. Laubach, entschied ich mich die Herausforderung anzunehmen und legte meine Planung für das Land der Butter, dem guten Whiskey und den grünen Wiesen aus.

Um das Auslandssemester auch erfolgreich zu gestalten, studierte ich das Modulhandbuch im Bachelor-Studiengang vom Institute of Technology Cork und der HS Koblenz mit dem Ziel, so viele Module, wie möglich, in Deutschland anerkannt zu bekommen. Dazu habe ich den Kontakt mit dem jeweiligen Professor für das Modul aufgenommen und dann in einem persönlichen Gespräch festgelegt, ob man das Modul aus Irland gleichwertig dem Modul in Deutschland anerkennen kann. Die jeweiligen Bestätigungen hatte ich mir per Unterschrift dokumentieren lassen. Hierbei lässt sich sagen, dass sich nahezu jeder Professor in Koblenz äußerst kooperativ und engagiert gezeigt hat. Die Professoren waren ausnahmslos begeistert von der Idee des Auslandssemesters, wodurch ich eine hohe Anzahl an Modulen in Irland vorweisen konnte.

Das Studiensystem in Irland ist dem Schulsystem in Deutschland ähnlich. Es herrscht ein Klassensystem nach Jahrgängen, dass in A und B unterteilt ist. Der gesamte Bachelor-Studiengang besteht aus „three stages“, welche in „semester one“ und „semester two“ unterteilt sind, also sechs Semester. Die Problematik ist, dass das Institute of Technology nicht jedes Modul in jedem Semester anbietet und auch ein Unterschied zur HS Koblenz darin besteht, in welchem Semester welches Modul angeboten wird. So belegte ich zum Beispiel das Modul Geotechnik-2 in Cork im vierten Semester (stage two/ semester two), welches in Koblenz im fünften Semester angeboten wird. Auch die Module Kommunikation/Wissenschaftliches Arbeiten (sechstes Semester in Koblenz) und Straßenplanung-2 (fünftes Semester in Koblenz) belegte ich in diesem Semester. So kam es in meinem Fall, dass ich fünf verschiedene Module in drei verschiedenen Klassen/Kursen belegte. Dies hat sich aber im Nachhinein eher positiv als negativ ausgewirkt, da man mit viel mehr Kommilitonen in Kontakt kam. Die spanischen und französischen Kommilitonen haben es da einfacher. Ihr Semesterplan stimmt dem irischen Semesterplan überein und auch die Modulhandbücher sind dahingehend identisch.

Eine weitere Problematik des deutschen Austauschstudenten liegt im Semesterbeginn. Das Studium in Irland beginnt Anfang Februar (stage two). Genau in der gleichen Zeit wird im Bachelor-Studiengang an der HS Koblenz der erste Klausuren-Block geschrieben. Der zweite Klausuren-Block in Koblenz liegt dementsprechend viereinhalb Wochen nach Studienbeginn in Irland. So war es in meinem Fall so, dass ich den ersten Block in Deutschland geschrieben habe und dann mit einer Woche Verspätung als letzter Austauschstudent des Jahrganges in Cork ankam. Die selbe Problematik hätte auch bestanden, wenn ich im zum Herbst-Semester angefangen hätte. In den darauffolgenden viereinhalb Wochen habe ich mich neben dem Semester in Cork für den zweiten Klausuren-Block in Koblenz vorbereitet.

Diese terminliche Überschneidung hat sich jedoch nach Ankunft in Cork als wenig problematisch herausgestellt. Sowohl das international office in Cork als auch die einzelnen Professoren waren von Beginn an sehr freundlich und hilfsbereit, wodurch einem der Anfang sehr leicht gemacht wurde. So wurde ich am gleichen Tag der Anreise von einem studentischen Betreuer am Wohnheim abgeholt. Dieser zeigte mir in den darauffolgenden Tagen den kompletten Campus und erwies sich als besonders wichtige Hilfe in der Anfangszeit. Auch das international office mitsamt Professoren und Angestellten waren für einen stets ansprechbar und aufgeschlossen. So haben sich die Professoren auch sehr flexibel gezeigt als ich für zehn Tage nach Deutschland gereist bin und dort zwei Klausuren im zweiten Block geschrieben habe. Präsentationen und auch Tests wurde in dem Zeitraum für einen verschoben.

Die Anreise nach Cork ist in den meisten Fällen problemlos. Cork selbst hat zwar einen Flughafen, dieser wird jedoch nur in den Sommermonaten von Düsseldorf aus angeflogen. Viele deutsche Austauschstudenten haben dabei einen Umweg über London in Kauf genommen oder man fliegt nach Dublin und fährt von da aus mit dem Express-Bus nach Cork (Dauer: ca. 4h). Auch der Flughafen in Kerry ist eine Autostunde von Cork entfernt und ist mit einer Busverbindung ausgestattet. Die Universität und das Studentenwohnheim liegen fünf Kilometer außerhalb von der City. Diese sind mit drei verschiedenen Buslinien ausgestattet, obwohl es sich für diese Anreise mit viel Gepäck lohnt, mit dem Taxi zu fahren. Es ergeben sich auch immer Fahrgemeinschaften hierzu.

Das Studentenwohnheim kann man sieben Tage die Woche beziehen. Rund um die Universität gibt es drei verschiedene Studentenwohnheime. Da die Wohnsituation in Cork sehr angespannt ist, reserviert das international office für jeden Austauschstudenten im Studentenwohnheim „Edenhall“ ein Zimmer, dass man bis kurz vor Studienbeginn annehmen kann. Es ist jedem Austauschstudenten freigelassen, ob man das Zimmer beziehen möchte oder nicht. Sollte man eine eigene Unterkunft organisiert bekommen, entfällt das Zimmer im Wohnheim. Wichtig ist dabei zu sagen, dass das Wohnheim „Edenhall“ sich diesen Luxus teuer bezahlen lässt. Die meisten Unterkünfte in Cork muss man Semesterweise bezahlen.

Die meisten Austauschstudenten entscheiden sich jedoch für „Edenhall“, wodurch das Wohnheim einen besonderen Flair erhält. Die Zimmer sind meistens ungefähr elf Quadratmeter groß und „studentisch“ eingerichtet. Jedes Zimmer besitzt ein eigenes Bad, nur das Wohnzimmer und die Küche teilt man sich. Diese Zimmer sind sehr geräumig gestaltet. Auf dem Gelände des Wohnheims ist eine Kletterhalle, die man montags zum Studententarif von fünf Euro benutzen darf und ein Pub. Der Campus selbst liegt zu Fuß nur 7 Minuten von „Edenhall“ entfernt. Dieser besitzt einen günstig mietbaren Fußballplatz, ein Fitnessstudio, einen anliegenden Park zum Laufen und vieles mehr. Durch die geringe Nähe zum Wohnheim ist das Sportangebot mit vielen Freunden sehr leicht wahrzunehmen. Ich selbst bin sehr froh, in „Edenhall“ gelebt zu haben. Obwohl es einige Mängel (Duschhahn nachtropfen, Feueralarm nachts usw.) besitzt, überwiegt einfach die freundschaftliche Gemeinschaft, die unter den Studenten dort herrscht. Unzählige Koch-Abende, Fußballspiele, die man gemeinsam schaut, und auch WG-Partys lassen den Mietpreis und die Mängel in den Gedanken verfliegen. Im Endeffekt lacht man darüber.

Die City von Cork ist zu Fuß in einer guten Stunde erreichbar. Mit dem Bus ist man in 15-20 Minuten dort. Die meisten Studenten erledigen ihren Lebensmitteleinkauf in der Stadt bei Tesco oder Aldi. Diese sind mit den Busverbindungen sehr gut erreichbar. In nächster Nähe liegt auch das Kneipen-Viertel, was in Cork (sowie in ganz Irland) sehr ausgeprägt ist. Auf die Frage, wie viele Pubs es in Cork gäbe, bekam ich von einem Einheimischen die Antwort: „Can you count the stars in the sky?“. Dies beschreibt sehr gut, die gefühlte Unendlichkeit an Pubs und auch die äußerst freundliche Atmosphäre dort. Iren sind weltweit bekannt für ihr freundliches Wesen und ihr Talent zu feiern. Diese Bekanntheit kann ich nur bestätigen. Es herrscht in allen Pubs und auch Clubs in Irland eine außergewöhnliche Stimmung und Freundlichkeit. Sämtliche Pubs in den Innenstädten sind täglich ab 18 Uhr mit Live-Musik ausgestattet.

In Cork ist hierbei besonders das „Oliver Plunkett“ herauszuheben. Dies liegt mitten in der Stadt in der gleichnamigen Straße. Freitags abends dort einen Stehplatz für die bekannteste Band der Stadt zu erhalten, gestaltet sich zur späteren Stunde als sehr schwierig. In der oberen Etage werden „Irish Stepdance-Kurse“ angeboten, was auch sehr spaßig ist. Ebenfalls beliebt ist das Old Oak und Crane Lane. Wo hingegen die jüngeren Besucher ins Old Oak gehen, gesellt sich im Crane Lane freitags die spanische Salsa-Crew zum Mittanzen. Für die perfekten Spiele-Abende mit Billard, Bowling, Darts oder auch einfach nur zum Fußball schauen empfiehlt sich das „Woolshed“ sehr gut.

Unerwähnt bleiben darf das ganze Land oder eher die Insel nicht. Irland ist landschaftlich und geschichtlich ein höchst interessantes Land. Das international office organisiert in der Anfangszeit in jedem Semester fast jedes Wochenende eine Tour. Teils Tagestouren, teils mit bis zu zwei Übernachtungen. Da der Andrang zu diesen Touren besonders hoch ist und besonders die Touren mit Übernachtung besonders beliebt sind, lohnt es sich hier frühzeitig ein Ticket zu ergattern. Als besonders reizvoll und eine der schönsten Touren empfand ich die Drei-Tages-Tour nach Belfast und Derry in Nordirland. Diese Städte haben geschichtlich so viel zu geben und beeindrucken besonders dadurch, dass die Führer der Touren Menschen sind, die die Straßenkämpfe selbst miterlebt haben.

Abschließend lässt sich sagen, dass das Auslandssemester in Irland eine wahnsinnige Erfahrung war, die ich niemals missen möchte. Das Land Irland, die Stadt Cork, die Gemeinschaft mit den Kommilitonen aus ganz Europa, besonders aus Spanien und Frankreich, und auch das Institute of Technology bleiben unvergessen. Die Universität hat sich bei allen Problemen, sei es verspätete Anreise, Klassenfindung, zwischenzeitliche Abreise für Klausuren in Deutschland oder dem Studentenwohnheim, stets fürsorglich und als hilfsbereit gezeigt. Die Freundschaften, die bei diesem Erlebnis entstanden sind, haben auch noch fortdauernd bestand. Besonders die verschiedenen Mentalitäten aus den europäischen Ländern kennenzulernen und die verschiedenen Sichtweisen zu erfahren, bringen einen weiter. Jeder, der damit liebäugelt ein Auslandssemester in Cork, Irland, zu belegen, kann ich nur herzlichst empfehlen: „Lass dich darauf ein und genieße!"

 

von David Hilger (Studiengang Bauingenieurwesen, dual)