Das Kind im Blick: KiTa-Kongress an der Hochschule Koblenz

Unter dem Motto „Das Kind im Blick – Qualität, Familie, Beteiligung“ haben das Bildungsministerium und das Institut für Bildung, Erziehung und Betreuung in der Kindheit | Rheinland-Pfalz (IBEB) zum II. KiTa-Kongress an die Hochschule Koblenz eingeladen. Rund 300 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus allen an der frühkindlichen Bildung beteiligten Bereichen – Einrichtungen, Träger, Elternvertretungen und Initiativen – folgten der Einladung und setzten sich in rund 20 Workshops mit der Gestaltung von Bildungs-, Erziehungs- und Betreuungsprozessen in den Kindertageseinrichtungen und in der Kindertagespflege auseinander. Dabei ging es unter anderem um die Beteiligung von Kindern im Alltag einer Kita, die Einbindung der Eltern, das Qualitätsmanagement oder die Sprachbildung.

  • Prof. Dr. Armin Schneider, Direktor des Instituts für Bildung, Erziehung und Betreuung in der Kindheit|Rheinland-Pfalz (IBEB).

  • Das IBEB-Team (v.l.n.r.): Christine Gottbehüt, Janina Gerdes, Andy Schieler, Claudia Homann, Ulrike Pohlmann, Prof. Dr. Armin Schneider.

Bildungsministerin Dr. Stefanie Hubig eröffnete den Kongress: „Der KiTa-Kongress soll eine feste Institution in Rheinland-Pfalz werden, bei dem einmal im Jahr alle an der frühkindlichen Bildung beteiligten Partner ihre unterschiedlichen Perspektiven einbringen, um die Qualität unserer Kindertagesbetreuung gemeinsam im Diskurs weiterzuentwickeln. Er ist im Land das zentrale Forum, in dem Fachpraxis, Träger, Initiativen, Eltern, Wissenschaft und Politik sich auf Augenhöhe zu zentralen Handlungsfeldern austauschen.“ Bei allen Überlegungen zur Weiterentwicklung der Kindertagesbetreuung müsse dabei stets das Kind im Mittelpunkt stehen. „Es geht darum, Qualität gleichermaßen mit Blick auf das Kind, aber auch dessen Perspektive zu diskutieren und zu gestalten“, so die Ministerin. Der Direktor des IBEB, Prof. Dr. Armin Schneider, unterstrich: "Die frühe Kindheit ist die wichtigste Phase im Leben eines Menschen. So nutzen vierjährige Kinder beispielsweise 66 Prozent ihres Kalorienverbrauchs für ihre kognitiven Leistungen und Entwicklungen. Das IBEB setzt sich für die Kinder ein und sieht das kompetente System der Kindertagesbetreuung als Leitlinie seiner Aufgaben. Alle Akteure werden hierfür einbezogen und müssen sich einbringen, damit Kindheit für alle Kinder gut gelingt."

Prof. Dr. Roswitha Sommer-Himmel von der Evangelischen Hochschule Nürnberg stellte in ihrem Vortrag „Die fragen uns eigentlich nicht“ Ergebnisse einer Forschungsarbeit zur Partizipation von Kindern vor. Hinter der Beteiligung von Kindern stecke ein großer Bildungsgedanke. Wohlbefinden und soziale Beziehungen hingen stark davon ab, ob die Mitbestimmungsfähigkeit der Kinder ernst genommen werde. Ein Plädoyer für eine kindliche Kindheit hielt Prof. Dr. Wolfgang Beudels von der Hochschule Koblenz. Die Kindheit sei derzeit stark bedroht, unter anderem durch eine Ver-Ernstung der Kindheit und eine Hierarchisierung von Lebensphasen: „Dabei werden (frühe) Kindheit und auch das Jugendalter dem Erwachsenenalter untergeordnet. Die Kindheit hat damit ihren Eigenwert und letztlich ihre Unbeschwertheit verloren.“ Zu früh fokussierten Eltern eine Bildungskarriere und einen Schulabschluss. Zu frühe Schulerfahrungen führten nachweislich nicht zu einer besseren Entwicklung. Für die Kita bedeute dies, die Kinder genau und individuell zu beobachten und die Themen der Kinder zu erkennen: „Gerade in einem Setting, das individuelle Erfahrungen und eigene Wege zulässt, gelingt die Aneignung von Welt. Jedes Kind hat darin die gleiche Chance.“

Nach den Workshops, in denen lebhaft und sehr fundiert das Tagungsthema in verschiedenen Bereichen vertieft und erste Ergebnisse der Diskussion aus verschiedenen Perspektiven der Kindertagesbetreuung festgehalten wurden, referierte Prof. Dr. Verena Schreiber von der Pädagogischen Hochschule Freiburg als Humangeographin über das Doppelspiel von Einhegung und Aneignung, wenn Kindheit aus der Raumperspektive gesehen wird. Einerseits gebe es eine Verhäuslichung von Kindheit, Möglichkeiten für Kinder im (öffentlichen) Raum seien sehr stark konditioniert. Waldkindergärten seien auch als Kulturreservate zu verstehen. Auf der anderen Seite sei aber auch ein Durchwachsen des Raumes zu beobachten und Räume seien auch Räume des Protestes und der Aneignung durch Kinder und Jugendliche.

Die Ergebnisse des Koblenzer Kongresses werden in die Überlegungen zur Novelle des Rheinland-pfälzischen Kindergartengesetzes einfließen.

Ein Interview mit Prof. Dr. Wolfgang Beudels findet sich auf der Homepage des Südwestrundfunks.

Ein Beitrag aus der Landesschau Rheinland-Pfalz vom 14. September 2016 ist über die Mediathek des Südwestrundfunks abrufbar.